> 175 Jahre Westfalia

Geschichte, die bewegt

13.02.2020
Text: Claus-Georg Petri | Bild: Claus-Georg Petri / Hersteller / DoldeMedien Verlag

Im Laufe der Zeit mauserte sich Westfalia zur Kultmarke und zum größten Ausbauer von Kastenwagen. Doch nicht alles ging glatt. Ein Blick in die Historie.

1844 eröffnet Johann Bernhard Knöbel am 1. Oktober eine Schmiede und legt damit den Grundstein für Westfalia. Er baut schwere Pferdewagen, welche die Ware vom neu gebauten Bahnhof verteilen.

1951 beginnt die Geschichte der Westfalia- Umbauten mit einem Kundenwunsch. „Campingbox“ wurde die Sonderausstattung getauft, die Westfalia in Wiedenbrück für einen in Deutschland stationierten britischen Offiziers entwirft. Seine Bestellung: ein VW Transporter mit Wohneinrichtung. Sie soll ordentlich im Fahrzeug verbaut sein und sich gleichermaßen als Schlaf-, Wohn- und Arbeitsraum eignen. Westfalia verpasst dazu einem VW Bus zwischen B- und C-Säule eine Doppeltür und installiert hinter den Vordersitzen variable Möbel und Dekoration. Dazu kommen Scheibengardinen, nett angerüscht und passend zum Karomuster im Interieur. Alles dem Zeitgeist entsprechend. Schlafcouch, Klapptisch, Sitzbank, Jalousieschrank und Sideboard komplettieren das Innere. Das Ergebnis ist so gelungen, dass Westfalia die Campingbox bald in Serie produziert und der umgebaute VW Bus zum Traumwagen der 50er-Jahre avancierte: Multitalent, Hotel auf Rädern.

1962 fertigt Westfalia erstmals auf einem VW-Bus ein Wohnmobil mit Möbeln aus hellem Kunststoff. Der Westfalia SO 34 läuft in großer Stückzahl nach Amerika. Erfolgreich in den USA ist auch SO 42, bei dem das Fahrzeug bereits isoliert ist, das später für Westfalia typische Aufstelldach jedoch noch fehlt. Die Einrichtung besteht aus Innenverkleidung, Dachstaukasten, Kühlbox mit Wassertank, Handpumpe und seitlichem Klapptisch, Kleiderschrank mit Spiegel, Staukasten mit Polster und Klapptisch. Die wenig später üblichen Aufstelldächer eröffnen Stehhöhe in der Küche. Die von Westfalia umgebauten Fahrzeuge vermitteln ein bis dahin undenkbares Gefühl von Freiheit und Ungebundenheit.

1976 skizziert Westfalia erste Entwürfe für ein bahnbrechendes Reisemobil. Ein Jahr später ist es soweit: Der erste Mercedes- Benz James Cook wird präsentiert. Er verfügt über eine Nasszelle. Das Reisemobil wird zum Kassenschlager und gilt bald als Symbol für komfortables Reisen.

1977 Der Sven Hedin ist das erste Wohnmobil mit Dusche, Warmwasseranlage und einem Spezial-Hochdach auf Basis des neuen VW LT. Mit James Cook und Sven Hedin erobert Westfalia den Markt. 1978 Der Joker startet seinen Siegeszug. Für viele Camper wird das Mobil auf VW T3 zum Multifahrzeug, mit dem sie auch zum Einkaufen oder zur Arbeit fahren. So können sie auf ein zusätzliches Auto verzichten, was den Kauf eines Wohnmobils überhaupt erst ermöglicht. Innerhalb eines Jahrzehnts verkauft Westfalia 70.000 Joker.

1981: Erfolgsmodell bleibt der Joker von VW, in mehreren Varianten gefertigt und einer der erfolgreichsten Kastenwagen- Ausbauten aller Zeiten. Erstmals wird das Mobil mit aerodynamischem Kunststoff- Hochdach und Panoramafenster vorn produziert.

1985 Mit Ford als weiterem Partner bietet Westfalia den Nugget an. Der kompakte Vollcamper bietet Mobilität und Agilität und ist dank Spirituskocher sogar als Pkw zuzulassen. Übrigens die zweite Zuzsammenarbeit mit der Marke: Schon in den 70er Jahren hatte es unter dem Namen Chiemsee und Wannsee Einrichtungen für Transporter mit dem Ford Emblem am Kühlergrill gegeben.

1990er Jahre beginnen die Produktion der Modelle VW-California, Mercedes-Benz Vito Marco Polo, Vito F, BMW Multi Trailer und der Bau des Wohnwagens Columbus 2.

1994 Grund zum Feiern: Westfalia besteht 150 Jahre. Für die Kunden gibt es das auf 500 Exemplare limitierte Sondermodell Highway mit komplettierter California- Coach-Ausstattung.

1996: Erstmals läuft ein Marco Polo auf Mercedes-Benz vom Band, ein Jahr später folgt der Vito F. Kurz vor der Jahrtausendwende wird Westfalia in drei Unternehmensbereiche aufgeteilt: Die Westfalia Van Conversion bleibt zuständig für Bau und Vertrieb von Freizeitfahrzeugen. Daimler-Chrysler steigt mit 49 Prozent ins neue Unternehmen ein. Bei Westfalia Automotive geht es um Anhängekupplungen, die Westfalia Trailer Group produziert Pkw-Anhänger. Querelen zwischen den Eigentümern und erschwerte wirtschaftliche Bedingungen lösen in den 90er Jahren eine wirtschaftliche Berg- und Talfahrt aus.

2001 rollt das 500.000. Freizeitfahrzeug bei Westfalia vom Band. Die Van Conversion wird 100-prozentige Tochter von Daimler- Chrysler. Es bleibt aber bei der grundlegenden Geschäftspolitik von Westfalia. Außerdem ist Opel vierter Partner für Ausbauten der Westfalia Van Conversion.

2003 wird die Marco Polo-Palette auf Basis des Mercedes Viano erweitert. VW produziert den California selbst im neuen Werk in Hannover.

2004 liefert Westfalia die ersten James Cook auf Dodge Sprinter Westfalia in die USA. Als Vertriebspartner wird der renommierte Hersteller Airstream gewonnen.

2006 verlässt der erste James Cook auf dem neuen Sprinter das Werk in Rheda- Wiedenbrück. Westfalia präsentiert auf dem Caravan Salon den Prototypen Big Nugget mit langem Radstand auf Ford.

2007 übernimmt die Aurelius AG Westfalia. Außerdem wird eine Neuauflage des Sven Hedin produziert, die auf dem neuen VW Crafter basiert.

2008 stellt Westfalia den ersten Teilintegrierten nach mehr als 50 Jahren vor. Weltpremiere feiert der West Van auf der Messe CMT in Stuttgart.

2009 wechselt der legendäre Sven Hedin auf die Basis Mercedes-Benz Sprinter. Der Opel Vivaro L2 wird eingeführt, er bietet mehr Raum. Westfalia baut Fiat Fahrzeuge aus: den Michelangelo auf dem Scudo.

2010 erweitert Westfalia seine Modellpalette um das Multimobil auf Fiat Scudo.

2011 übernimmt die französische Rapido- Gruppe Westfalia. Es folgen Modelle wie Amundsen, Columbus, Jules Verne und Kepler. Club Joker und Club Joker City auf VW T5 setzen die erfolgreiche Geschichte der VW-Umbauten fort.

2017 nimmt Westfalia den Standort in Gotha in Betrieb. Die Marke stellt den Sven Hedin auf VW Crafter vor.

2019 präsentiert Westfalia auf dem Caravan Salon die Baureihe James Cook erstmals mit drei Dachvarianten: als Classic mit Originalhochdach, als James Cook AD mit Aufstelldach und als James Cook HD mit GfK-Hochdach.

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Redaktion
Claus-Georg Petri
Claus-Georg ist seit 1995 bei der Reisemobil International und ist Experte für Reisen und Hintergründe und alles Mögliche.
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