> Zum Jubiläum: Interview mit den Entwicklern von Carado

"Es liegen spannende Jahre vor uns"

22.08.2022
Text: Francesco Ferro | Bild: Carado

Zum 15-jährigen Bestehen der Marke Carado gewährt das Entwicklerteam Einblick in seine Arbeit. Und verrät, wie das Reisemobil der Zukunft aussehen könnte.

RMI: Herr Meßmer, von der Idee bis zum fertigen Modell: Wie läuft bei Carado der Konstruktionsprozess ab?

Stefan Meßmer: Bei einem neuen Grundriss wird zunächst das Design abgestimmt. Erst dann entstehen erste CAD-Modelle (Anmerkung der Redaktion: CAD = vom Computer unterstützt), die dann optimiert werden. Vor der Produktion gibt es also wochenlange Planung und Entscheidungen.

RMI: Worauf muss ein Konstrukteur bei Carado besonders achten?

Stefan Meßmer: Bei der Konstruktion von unterschiedlichen Reisemobilen versuchen wir, möglichst viele gleiche Teile zu nutzen. Das senkt die Kosten. Außerdem versuchen wir, damit Lieferengpässen bestmöglich entgegenzusteuern. Dazu kommt das große Thema Leichtbau. Was nie fehlen darf: der Teamgedanke. Nur mit vielen Händen und Köpfen gelangen wir an unser Ziel.

RMI: Wie behalten Sie dabei den Überblick?

Stefan Meßmer: Dabei helfen mir Projektlisten zum Beispiel im Computerprogramm Excel. Unsere Erfahrung zeigt, dass zu viele parallel laufende Projekte nicht förderlich für einen sauberen Arbeitsprozess sind.

Bei Carado stimmen Preis-Leistung und Qualität. Der Auftritt der Marke passt zu uns.
STEFAN MEßMER

RMI: Herr Wingart, welcher Teil Ihrer Arbeit macht Ihnen besonders Spaß?

Rainer Wingart: Zum einen, neue Grundrisse zu entwickeln. Dabei nehme ich einen bestehenden Grundriss und beginne, den neuen Grundriss oder eine neue Anordnung zu skizzieren. Anschließend geht es zur Entwicklung, zur groben Voruntersuchung. Gemeinsam kommen dann in Diskussionen neue Ansätze und Ideen auf. Zum anderen begutachte ich gern Prototypen. Von denen habe ich schon viele abgenommen – dieser Teil der Arbeit ist immer wieder großartig.

RMI: Wie gehen Sie mit den aktuellen Lieferengpässen Ihrer Zulieferer um?

Rainer Wingart: Wir sind bisher gut durch die Materialkrise gekommen, aber auch wir hatten Herausforderungen. Unser hohes Maß an Gleichteilen und die dadurch geringe Varianz haben sich ausbezahlt. Aber auch wir haben mit Lieferverschiebungen wegen des weltweiten Chip-Mangels zu kämpfen.

RMI: Auf welche Basisfahrzeuge setzt Carado künftig?

Rainer Wingart: Wir setzen Chassis von Stellantis ein, also Fiat und Citroën. Beide Fahrwerke lassen sich problemlos untereinander austauschen.

Carado ist mit 15 Jahren noch jung, wir können viel bewegen. Auch das Team ist jung, die Arbeit macht Spaß.
RAINER WINGART

RMI: Herr Bettzieche, Klimawandel und Energiewende: Wie positioniert sich Carado zur Elektrifizierung von Reisemobilen?

Jan Bettzieche: In dieser Frage ist der Standpunkt von Carado der folgende: Alternative Antriebe in Reisemobilen beschäftigen die Erwin Hymer Group stark, besonders die Reichweite. Die Ladezeit und die noch nicht flächendeckende Verfügbarkeit von Ladestationen in Europa machen den Einsatz von Elektromobilität in Reisemobilen noch schwierig. Hinzu kommt, dass bestehende Ladestationen oft nicht für Wohnmobile und Caravan-Gespanne geeignet sind. Nur eine größere Batterie garantiert eine größere Reichweite. Da stoßen wir bei 3,5 Tonnen aber an Grenzen.

RMI: Welchen alternativen Antrieben widmen Sie sich noch?

Jan Bettzieche: Auch hier verweise ich auf den Standpunkt von Carado: Wir beschäftigen uns mit der Brennstoffzelle und sind im intensiven Dialog mit Zulieferern, um Lösungen zu finden.

Das Carado- Showcar zum Caravan-Salon 2019 zu entwickeln, zählt zu meiner schönsten und herausforderndsten Phase bei Carado.
Jan Bettzieche

RMI: Herr Wingart, wie wird sich die Branche Ihrer Meinung nach weiterentwickeln?

Rainer Wingart: Es liegen spannende Jahre vor uns. Mal sehen, autonom fahrende Reisemobile sind sicherlich noch Zukunftsmusik. Aber mehr Konnektivität durch ein vernetztes System, das alle elektrischen Elemente zentral steuern kann, wird für unsere Kunden immer interessanter.

RMI: Wie sieht das Carado-Reisemobil der Zukunft aus?

Rainer Wingart: In Material und Kompaktheit wird sich einiges tun. Nachhaltiges Material und Multifunktionalität werden immer relevanter. Auch bei der technischen Ausstattung denken wir immer weiter. Mit der Studie „Galileo“ hat die Erwin Hymer Group schon 2019 gezeigt, wie das Reisemobil der Zukunft aussehen könnte: null Emission, autonomer Fahrassistent, Solarzellen auf dem Dach, ausfahrbare Terrasse und Multimedia-Einsatz.

Infobox

DIE KÖPFE HINTER CARADO

Carado – die Marke feiert ihr 15-jähriges Bestehen – gehört zur Erwin Hymer Group, die wiederum Teil des amerikanischen Konzerns Thor Industries ist. Die Fahrzeuge entstehen komplett im Produktionswerk Capron im sächsischen Neustadt, der Firmenstandort ist Leutkirch im Allgäu – Qualität Made in Germany. Dahinter steht unter anderem dieses Team:

  •  Rainer Wingart: Der Produktmanager ist seit 25 Jahren in der Caravaning-Branche, 20 davon bei Hymer.
  • Jan Bettzieche: Nach seiner Tischler-Ausbildung und Diplom-Arbeit bei Bürstner arbeitet er seit 2019 in Leutkirch in der Entwicklung.
  • Stefan Meßmer: In 40 Jahren EHG-Erfahrung durchlief er die Stationen Bandleiter, Techniker und Leiter Entwicklung
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