> Trockentrenntoiletten - eine Alternative für Wohnmobilisten

Nass oder trocken?

19.11.2020
Text: Philipp Pilson | Bild: Karsten Kaufmann

Eine eigene Toilette an Bord garantiert Komfort, Autarkie und Hygiene auf der Reise. Zudem wünschen immer mehr Camper ein besonders umweltverträgliches Konzept. Während einige nun biologische Zusätze für die Kassettentoilette favorisieren, fokussieren andere Camper Trockentrenntoiletten.

Toilette ist gleich Toilette? Mitnichten. Aktuell dominieren zwar weitestgehend noch alt bewährte Kassettentoiletten den Reisemobil-Markt. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt sieben, mehr oder weniger gängige, Toilettensysteme. Neben der klassischen Kassettentoilette finden sich in Campern auch Bodentoiletten, Zerhackertoiletten, Vakuumtoilette, tragbare Toiletten (porta Potti), Verbrennungstoilette oder eben Trocken(trenn)toiletten (TTT).

Auch wenn Kassettentoiletten bei Campern bekannt und allgemein akzeptiert sind: Einige Besonderheiten machen viele Nutzer nicht rundum glücklich. So schätzt kaum ein Camper die Entsorgung der schweren Kassetten – auch die geruchsintensive Reinigung der Kassette steht selten ganz oben auf der Camping- Hitliste. Zudem benötigt man bei diesem Toilettentyp Sanitärzusätze, die den Inhalt zersetzen und unangenehme Gerüche unterbinden sollen. Was ihnen mehr oder weniger erfolgreich gelingt. Da nicht alle Zusätze wirklich biologisch sind, werden Kassettentoiletten auch häufig Chemietoiletten genannt.

Einige Toilettenzusätze sind biozidhaltig und daher ökologisch bedenklich. Klärwerke in der Nähe großer Stellplätze büßen durch die bakterienfeindlichen Zusätze in der Hochsaison mitunter ihre Funktionalität ein, trotz europaweit vorgeschriebener „Blauer Engel“- Zertifizierung der Mittel.

Ein weiterer Aspekt der Kassetten: der Wasserverbrauch beim Spülen, Reinigen sowie dem Vorbereiten für den nächsten Einsatz und deren vergleichsweise geringe Fassungsvermögen. Längere Zeit frei zu stehen, ist kaum möglich, eine passende Entsorgungsstation zu finden, mitunter nervig.

TROCKEN IST „IN“

Doch es gibt Alternativen zum Chemieklo. Während einige dieser Alternativen aufgrund hoher Anschaffungskosten, mäßig überzeugendem Konzept oder geringer Bekanntheit noch als Exoten gelten, wächst der Beliebtheitsgrad von TTT, die mit Schwung immer neue Kunden begeistern. Sie stellen sich als attraktive Alternative für Fernreisemobile, Kastenwagen, aber auch für „normale“ Reisemobile vor.

Kompakt und Natur pur: Trockentrenntoiletten – hier der DIY-Bausatz von Kildwick – sind eine umweltbewusste Alternative zu Chemietoiletten.

Warum das so ist? Nun, trocken scheint durchaus „in“ zu sein.

Grundsätzlich sitzt man auf der Trockentrenntoilette wie auf jeder anderen Toilette auch. Doch wie der Name schon suggeriert, funktionieren die Trockentrenntoiletten gänzlich ohne Wasser. Urin und Feststoffe landen mithilfe eines besonders geformten Inlays in separaten Behältern der Toilette.

Dabei ist es gerade die Trennung der Stoffe, die effektiv verhindert, dass sich Gerüche bilden. Urin zum Beispiel beginnt erst dann unangenehm zu riechen, wenn er mit Wasser in Kontakt kommt. Nach dem Toilettengang dichtet übrigens ein Korken oder Schieber den Urinbehälter ab.

Ein weiterer Vorteil von Trockentrenntoiletten: Auch längere Entleerungsintervalle sind möglich. Die Urinbehälter der Systeme fassen stets mehrere Liter, je nach Größe muss er nur alle paar Tage geleert werden. Feststoffbehälter müssen sogar erst nach zwei, drei Wochen oder später (bei Nature’s Head nach etwa 60 bis 80 Benutzungen) geleert werden.

Hintergrund: Feste Fäkalien schrumpfen bei der Trocknung um etwa 80 Prozent. Damit diese besonders effektiv gelingt, benötigt jedes System ein spezielles Substrat und eine optimale Belüftung – der vielleicht wichtigste Grund für eine Toilettenentlüftung (siehe auch weiter unten).

DEN EINSATZ VORBEREITEN

Jeder Hersteller setzt auf ein besonders saugfähiges Streugut. Dazu können bewährte Mittel wie Biolan (Separett), Kokosfasern (Nature’s Head) oder Miscanthus-Ökostreu (Kildwick) verwendet werden. Experten raten von der Verwendung von gewöhnlichem Katzenstreu, Rindenmulch oder Sägespänen eher ab. Ob von diesem Substrat nach jedem Toilettengang eine Handvoll neu „überstreut“ werden muss, oder nur das Rührwerk kurz bedient wird (Nature’s Head/BioToi) hängt vom jeweiligen Modell und Konzept ab.

Insbesondere diesen Punkt sollten sich Interessenten genau ansehen, um ein individuell passendes Konzept zu finden. Das sehr hohe Wasser-Fassungsvermögen der Kokosfaser von Nature’s Head beträgt etwa das Achtfache des Fasergewichtes, zudem ist es in Brikett-Form kompakt zu transportieren.

Mit ein Grund, warum auch Newcomer BioToi auf diese angenehm riechende Faser setzt. In Toiletten mit Rührwerk hält ein aktiviertes Brikett über zwei bis drei Wochen. Nach der Entsorgung des Feststoffbehälters empfehlen Nature’s Head und BioToi übrigens keine aufwendige Reinigung, da Bakterienkulturen die zukünftige Zersetzung begünstigen. Die seltene Entsorgung ist nicht nur komfortabel für die Nutzer, sie ist sogar gewünscht, denn Exkremente brauchen rund zwei Wochen, um kompostiert zu werden. Dabei nutzen Trenntoiletten den natürlichen Prozess, um aus festem Abfall trockenen, einfach zu entsorgenden Kompost zu machen. Rührwerke in manchen Modellen unterstützen dabei den Zersetzungsprozess.

Was nach wenigen Wochen übrig bleibt – man glaubt es kaum – ist eher geruchsfreie Blumenerde als übelriechende… Sie wissen schon.

Bildergalerie

TATSÄCHLICH GERUCHSFREI

Da Redakteure von Berufswegen notorische Zweifler sind, erprobte Karsten Kaufmann ein DIY-Bausatz einer Trockentoilette, die über Wochen im Gästeklo seines Hobbyraums zum Einsatz kam. Seine Ergebnisse lesen Sie auf Seite 66. Eines vorneweg: Lästige Gerüche entwickelte die Toilette nicht. Tatsächlich klagt kaum ein Nutzer einer Trockentrenntoilette über Gerüche im Fahrzeug. Wer mit seinem Fahrzeug bei tropischen Temperaturen unterwegs ist oder hohe Luftfeuchtigkeit am Reiseort befürchtet, rüstet die Toilette mit einer Entlüftung nach – beispielsweise von SOG.

Ein TTT-Klassiker: Die Trockentrenntoilette von Nature's Head. Das integrierte Rührwerk unterstützt die geruchsfreie Kompostierung im Feststofftank.
Foto: Hersteller

Harriet Diedering von Nature’s Head betont hierbei: „Je besser der Urin abgetrennt wird, desto geringer ist das Geruchsrisiko“, und gibt Nutzern gleich noch einen Tipp für den Alltag: „Eine Pumpsprühflasche mit einer Lösung aus Essig- oder Zitronensäure zum „Spülen“ des Urins verhindert effektiv die Entstehung von Gerüchen im Urintank.“

Ein Tipp, der übrigens für alle Trockentoiletten gilt.

Kurzum: Trockentrenntoiletten sind ökologisch unbedenklich, denn sie verzichten komplett auf chemische Zusätze. Somit kann Urin in jeder gewöhnlichen Toilette oder in der Natur entsorgt werden, kompostierte Feststoffe landen (wie Windeln übrigens auch) im Restmüll oder können im Notfall ebenfalls in der Natur vergraben werden. Der Gang zur Entsorgungsstation – für viele Camper eine eher lästige Arbeit – entfällt.

Varianten und Hersteller

Trockentoiletten gibt es in verschiedenen Ausführungen: vom portablen System bis zur festeingebauten Trennvariante – mit Rührwerk oder ohne. Die Anzahl an Anbietern von Trenntoiletten ist überschaubar.

Eine Übersicht der Produkte befindet sich am Ende des Artikels.

Als erster Wohnmobilhersteller bietet Wochner seit 2020 eine Trenntoilette an. Das Besondere des aus stabilem GfK gefertigten Modells Cindy: Die Entsorgung erfolgt komfortabel von außen. Ein Heraustragen der Fäkalien aus dem Wohnmobil ist nicht notwendig.

Der Urin wird in einem riesigen Extratank mit 36 Litern Volumen gesammelt und bei Bedarf durch einen eigenen Auslass neben dem Abwassertank entsorgt. Auf Knopfdruck öffnet ein elektrischer Schieber den Auslass.

Feststoffe dagegen werden separat – aber ebenfalls von außen – durch eine Serviceklappe entnommen. Darin befindet sich ein Eimer auf einem ausfahrbaren Schlitten.

Das WC selbst ist mit einem blauen LED-Licht ausgestattet, das anzeigt, ob die Luftabsaugung funktioniert. Den gewünschten Unterdruck erzeugt ein kleiner Lüfter mit angeschlossenem SOG-Filter. Er verhindert, dass unangenehme Gerüche ins Bad aufsteigen. Zusätzlich rüstet Wochner die Toilette mit einer hochwertigen Soft-close- Brillen- und Deckelabsenkung aus.

Trockentrenntoilette im Wohnmobil nachrüsten?

Wer längere Zeit völlig unabhängig unterwegs sein will, für den lohnt ein Blick auf das Sortiment der Trockentrenntoiletten. Preislich muss der Camper für einen Trockentrenntoiletten- Bausatz mit rund 500 bis 1.000 Euro rechnen. Dazu kommen oftmals noch die Einbaukosten sowie die Stilllegung des vorhandenen Wasseranschlusses.

Mit Blick auf die deutlich geringeren Folgekosten gegenüber Kassettentoiletten samt Verbrauchsmaterialien sind Trockentoiletten auf jeden Fall eine Überlegung wert. Wer die Neuanschaffung eines Mobils plant, oder einen Selbstausbau, denkt sicherlich über diese Alternative nach.

Keine Frage: Die Benutzung ganz ohne Spülen ist gewöhnungsbedürftig. Schon nach wenigen Tagen stellt sich aber eine Normalität ein. In jedem Fall sind Trockentrenntoiletten hygienisch, wassersparend und ökologisch überzeugend. Zudem erhöhen sie die Unabhängigkeit von Entsorgungsstationen, ein gewichtiges Argument für mehr Autarkie deutlich. Camper, die diese Faktoren schätzen, können beruhigt einen zweiten Blick wagen.

Infobox

Wie sich die Do it Yourself-Trockentrenntroilette von Kildwick zusammenbauen lässt, erfahren Sie Schritt für Schritt in der November-Ausgabe von Reisemobil International. Hier finden Sie ebenso eine Marktübersicht von TTT-Herstellern – jetzt in unserem Online-Shop bestellen oder PDF herunterladen.

Redaktion
Philipp Pilson
Philipp Pilson ist seit Oktober 2018 bei Reisemobil International und Experte für Praxis & Zubehör, Reisen und Social-Media.
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