> Reise Bretagne, Frankreich

Darf’s ein bisschen Meer sein?

06.12.2016
Bild & Text: Claus-Georg Petri

Voller Wucht donnert der Atlantik an die weit in den Ozean ragende Bretagne. Urlauber begegnen hier der ungezähmten Kraft der Natur und steinernen Zeugen uralter Kultur.

In Saint-Nazaire scheiden sich die Geister. Die einen wollen nach Süden, an die Biscaya und den ewig langen Sandständen der französischen Westküste folgen. Die anderen bevorzugen das raue, ungestüme Land weiter nördlich, das der Atlantik prägt: die Bretagne.

In Saint-Nazaire, wo die Loire sich ins Meer ergießt, muss also eine Entscheidung her. Rechts oder links? Nord oder Süd? Eine Tour durch die Bretagne liegt quasi auf dem Heimweg nach Deutschland. Also los: auf nach Norden.

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Doch nördlich des Flusses erstreckt sich zunächst das Département Loire-Atlantique. Ganz falsch ist der Weg dennoch nicht, gehörte diese Region doch einst zur historischen Bretagne. Seine Bewohner befürworten noch heute einen Zusammenschluss, den eine Verwaltungsreform 1982 nicht berücksichtigte.

In der Bucht von La Baule-Escoublac indes haben Reisemobile nichts verloren. Hier reiht sich Hotel an Hotel, davor die nur im Schritttempo zu befahrende, beidseits zugeparkte Straße, auf der anderen Seite ein Sandstrand am tiefblauen Atlantik. Zu voll hier, lieber noch ein Stück weiter – aber nicht zu weit: Nach gerade einmal sieben Kilometern entlang der Küste ist das beschauliche Batzsur-Mer erreicht. Beinahe verführt ein Stellplatz zur Rechten zum Stopp – wäre er jetzt, in den Sommerferien, nicht hoffnungslos überfüllt.

Doch nach nur 200 Metern geht es von einem Kreisverkehr aus direkt hinein in den Campingplatz La Govelle. Die resolute Platzchefin zeigt gern die Parzellen, die kastenwagenhohe Hecken voneinander abgrenzen. Unweit tost unüberhörbar das Meer. Schnell also eingeparkt, Strom ans Mobil angeschlossen, Badesachen an und durch ein Tor hinaus an den etwas tiefer gelegenen Strand. Und dort die Brecher um die Ohren hauen lassen. Dass es hier schön ist, bestätigen einige Häuser mit der typisch etwas kargen Bauweise der Bretagne, die neben dem Campingplatz stehen. Einheimische leben hier offensichtlich wie Gott in Frankreich, mit Blick auf den Strand und die Weite des Atlantischen Ozeans.

Wer vom Campingplatz aus mit dem Rad die nur wenige Kilometer lange Landzunge Le Croisic gen Westen erkundet, etwa auf dem Weg zu dem dortigen Océarium, steuert alsbald an einem Hinkelstein vorbei. Dieser Menhir de la Pierre Longue ist ein Monument aus der Jungsteinzeit. Seit Jahrtausenden steht er dort. So wie die langen Reihen von Menhiren in Carnac. Die Steinreihen sind länger
als drei Kilometer und enthielten ursprünglich mehr als 3.000 Megalithen, zwischen einem halben und vier Meter hoch. Die größten Hinkelsteine stehen immer am westlichen Ende. Auch Dolmen, Großgräber aus riesigen Steinen, sind in der Gegend zu finden. In einem Besucherzentrum neben den Steinreihen gibt es die genauen Stellen und Erklärungen zu den Menhiren.

Unmittelbar Carnac vorgelagert ragt die Insel Quiberon 14 Kilometer in den Atlantik. Dieses Kleinod ist allemal einen Abstecher wert – sofern die einzige Straße dorthin nicht verstopft ist. Auf dem Eiland, das sich auf der Atlantikseite mit schroffen Buchten der Côte Sauvage (wilde Küste) zeigt, finden Urlauber drei Campingplätze.

Übernachtungs-Tipp: Wer ein bisschen sucht, findet auch an einer der ungezählten Stichstraßen, die auf der ruhigeren Seite zum Wasser führen, einen einsamen Stellplatz irgendwo am Meer. Niemand wird ein einzelnes Reisemobil dort verscheuchen, sofern das Übernachten oder Parken nicht per Schild verboten ist. Diese Großzügigkeit im Umgang mit Reisemobilen gilt für die ganze Bretagne – wenn nicht sogar für ganz Frankreich. Reisemobilurlauber sind gern gesehene Gäste. Sehr viele Gemeinden haben Stellplätze eingerichtet, ergänzend dazu gibt es Campingplätze, Ver- und Entsorgungsanlagen jeweils inklusive.

Also entscheidet über anzusteuernde Ziele weniger die Infrastruktur als vielmehr die Entfernung in der Grande Nation: Frankreich ist mit 643.801 Quadratkilometern deutlich größer als Deutschland (357.375). Das macht sich bei einer Reise auch durch die Bretagne bemerkbar, die mit 27.208 Quadratkilometern etwas kleiner ist als das Bundesland Brandenburg (29.654): Die Fahrten ziehen sich ganz schön, erst recht, wenn es über Landstraßen gehen soll statt über mautbewehrte Autobahnen.

Um also von Quiberon zum Beispiel nach Le Conquet am westlichen Zipfel nahe Brest zu gelangen, fallen 220 Kilometer an. So verlockend der Gedanke – um Zeit und Strecke zu sparen und das schöne Wetter besser genießen zu können, steht als nächstes Ziel Cap Fréhel auf dem Reiseplan. Bis dorthin sind es knapp 190 Kilometer, und der Rückweg nach Hause fällt ein wenig kürzer aus. Und: In der Gegend um den markanten Leuchtturm gibt es an dieser Küste eine Sandbucht nach der anderen. Nichts wie hin.

Erst in Pléhérel Plage-Vieux Bourg, einem Teil der Gemeinde Fréhel, kommt das Alkovenmobil wieder zum Stehen. Genauer gesagt: auf dem Camping municipal du Pont de l‘Etang. Das weitläufige hügelige Gelände erstreckt sich über kieferbestandene Dünen und hat 900 Parzellen. Diese große Zahl fällt nicht weiter auf, zumal sich jeder dorthin stellen darf, wo er gern möchte. Bestechend ist der direkte Zugang zu einer Sandbucht. Die ist herrlich weit, trotz der Ferien weitestgehend menschenleer – und von tosendem Meer verwöhnt. Der Tidenhub ist hier so hoch wie überall in dieser Gegend nahe dem 40 Kilometer entfernten Saint-Malo, wo Ebbe und Flut bis zu zwölf Meter Höhenunterschied verzeichnen. Deshalb erzeugt dort eines der größten Gezeitenkraftwerke der Welt Strom. Für Badende in Pléhérel Plage bedeutet das: Sie müssen mal weit unten am Strand ins Wasser gehen, manchmal kämpfen sie weit oben mit den Wellen.

Tipp: Wer nicht nur planschen und Drachen steigen lassen möchte, läuft in der Bucht nach Westen. Dort findet er das Café de la Plage mit gelegentlicher Livemusik und Handwerkermarkt, ständigen Leckereien, Wein und Bier. Und das mit Sand zwischen den Zehen, das Gesicht in der Sonne, die Augen auf das wogende Meer.

Mit dem Mobil in die Bretagne

Die Bretagne ist eine große Region im Nordwesten Frankreichs. Ihre Hauptstadt ist Rennes. Die Halbinsel grenzt nach Norden den Ärmelkanal ab, nach Süden die Biscaya. Sie besteht aus den Départements Côtesd’Armor, Finistère, Ille-et-Vilaine und Morbihan.

Die Bretagne misst 27.208 Quadratkilometer und zählt 3.258.707 Einwohner – 120 auf den Quadratkilometer (Deutschland: 229).

Infos: Atout France, Französischen Zentrale für Tourismus

Übernachtungsplätze:
Frankreich und die Bretagne sind sehr reisemobilfreundlich. Das zeigt sich in der Fülle von Stell- und Campingplätzen. Auch Ver- und Entsorgungsanlagen sind unterwegs immer wieder entlang den Reiserouten zu finden.

Campingplätze:
Camping La Govelle, 10 Route de la Govelle, F-44740 Batz-sur-Mer

Camping du Pont de l’Etang, Pléhérel-Plage, F-22240 Fréhel, www.camping.frehel.info

Tipp: Café de la Plage, www.frehel.eu

Infobox

Den vollständigen Reisebericht finden Sie in der September-Ausgabe 2016 der Reisemobil International.

Redaktion
Claus-Georg Petri
Claus-Georg ist seit 1995 bei der Reisemobil International und ist Experte für Reisen und Hintergründe und alles Mögliche.
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