> Wohnmobiltour über die Mecklenburger Seenplatte

Von See zu See

08.10.2019
Bild & Text: Jutta Neumann

Wasser, soweit das Auge reicht: Die Mecklenburger Seenplatte lockt Reisende mit unberührter Natur und idyllischen Übernachtungsplätzen im größten zusammenhängenden Seengebiet Deutschlands.

Gerade im Herbst, wenn wieder Ruhe einkehrt nach dem Sommergetümmel, entfaltet der Zauber dieses hügeligen Waldlandes voller Seen und Moore seinen besonderen Reiz.

Wer durch den von der UNESCO als Kulturerbe gelisteten Buchenwald im Müritz-Nationalpark streift, wird sich an den bunten Farben kaum sattsehen können. Zu verdanken ist das der Jagdleidenschaft der Großherzöge von Mecklenburg-Strelitz. Sie hatten die Wälder um Serrahn lange Zeit kaum angetastet. Als Finderlohn für ausgedehntes Waldbaden warten duftende Pilze am Wegesrand. Die Vielzahl an Biotopen in unterschiedlichster Kombination mit Seen und Mooren macht den Reiz der Landschaft aus und bietet Großvögeln wie Rohrdommel und Kranich ideale Lebensbedingungen. Auch Fisch- und Seeadler kommen hier voll auf ihre Kosten – in keiner Region Mitteleuropas gibt es so eine Brutdichte wie in Mecklenburg. Angekommen an einem der oft direkt am Wasser gelegenen Stell- oder Campingplätze, steigen mobile Reisende gerne um ins Boot, aufs Rad, aufs Pferd oder in die Kutsche. So lässt sich die verwunschene Gegend herrlich entspannt erfahren.

Mittendrin verführen malerisch gelegene Städtchen, Dörfer, Schlösser, Kirchen, Burgen, Wasser- und Windmühlen, Hügel- und Steingräber zum Bleiben – und natürlich Häfen. Die meisten Marinas heißen Reisemobile willkommen und bieten Stellplätze mit Seeblick.

Wangelin: heilsame Nächte zwischen Obst und Gemüse

Die Tour beginnt zwar abseits vom Wasser, dafür mitten im würzig nach Kräutern duftenden Wangeliner Garten – etwa zehn Kilometer südwestlich vom Plauer See. Neben Heilpflanzen wachsen hier Duft-, Färber- und Zauberpflanzen. Eine der Besonderheiten ist das Zusammenspiel zwischen Garten und ökologischem Bauen. Die liebevoll gestalteten Gebäude aus Stroh und Lehm entstanden in Kooperation mit der benachbarten Europäischen Bildungsstätte für Lehmbau. Viele der Bauten gehören zu den ersten und oft einzigen ihrer Art in Deutschland. Wer Reisemobil International 10/2019 143 sich für ökologisches Bauen interessiert, kann sich hier von Fachleuten beraten lassen oder an Lehmbaukursen teilnehmen. Nicht zu verachten ist außerdem das in einem achteckigen Lehmbau untergebrachte Café mit der schönen Terrasse.

Ganz nach dem Motto „Frisch aus dem Garten auf den Teller“ zaubern die Gastgeber Wildkräutersalat mit frischen Kräutern wie Sauerampfer, Giersch oder Fetthenne auf den Tisch. Wer es lieber warm mag, genießt Suppen mit frischen Zutaten je nach Jahreszeit. Für die süßen Gäste gibt es selbst gebackene Kuchen, Tartes und Torten mit garteneigenen Früchten.

Reisemobile stehen relativ hochpreisig, aber dafür inklusive Strom, Wasser, WC und Dusche mitten drin – idyllisch auf einer Wiese zwischen den blühenden Gärten und den Lehmbauten.

Faszinierendes Baudenkmal in Plau am See: In regelmäßigen Abständen hebt und senkt sich die alte Hubbrücke über die Elde und lässt Schiffe passieren.
Foto: Hendrik Silbermann

Plau am See: alte Hubbrücke regelt den Verkehr

Von Wangelin aus geht es etwa 13 Kilometer nach Plau ans Westufer des gleichnamigen Sees. Er ist der drittgrößte in Mecklenburg-Vorpommern und gilt als einer der schönsten der Mecklenburger Seenplatte. An seinen breiten naturnahen Ufern und den ruhigen Buchten fühlen sich Seeadler, Eisvögel, Kraniche oder Fischotter besonders wohl – genau wie Reisemobilisten: Für Urlauber, die ihr eigenes Hotelzimmer dabei haben, gibt es gleich mehrere schöne Plätze zur Auswahl.

Der Stellplatz am Strandbad bietet zwar keinen Service, liegt aber direkt am See und im Grünen. Wer eher den Luxus eines gepflegten Campingplatzes sucht, ist im ganzjährig geöffneten Campingpark Zuruf bestens aufgehoben. Er liegt idyllisch an einer sandigen Bucht. Wer nur kurz bleibt und keinen Wert legt auf Aussicht, nächtigt auf dem vorgelagerten Stellplatz.

Der Radweg führt direkt hindurch und in etwa drei Kilometern in die sehenswerte Plauer Altstadt mit den bunten Fachwerkhäusern. Hier schlendern Einheimische und Touristen an der Elde entlang, dem längsten Fluss Mecklenburgs. Sie mündet in Plau in den See, fließt dann durch die Müritz bis in die Elbe – eine beliebte Wasserstraße für alle, die sich gerne mit Boot oder Kanu fortbewegen. Fußgänger bleiben spätestens bei der eindrucksvollen alten Hubbrücke fasziniert stehen. Sie hebt und senkt sich in regelmäßigen Abständen, damit größere Schiffe passieren können. Ein Hingucker ist auch das im Stil der Renaissance erbaute Rathaus am Marktplatz. Nach einem verheerenden Brand in den 1980er Jahren sollte es abgerissen werden und konnte dank einer beispiellosen Spendenaktion der Plauer Bürger wieder aufgebaut werden.

Alt Schwerin: auf der Jagd nach Saibling und Forelle

Von Plau führt die Tour im Uhrzeigersinn um den See herum weiter in Richtung Alt Schwerin. Auf dem Weg liegt der schöne „Camping am See“, der seinem Namen alle Ehre macht und an einer über 1000 Meter langen Uferzone lauschige Stellplätze mit Aussicht anbietet. Hier lässt es sich herrlich baden, segeln, surfen, angeln oder loswandern in den angrenzenden Naturpark. Die modernen Sanitäranlagen, ein kleiner Hafen, die nette Kneipe mit Seeterrasse und nicht zuletzt der Camping-Krimis schreibende Besitzer verführen zum Bleiben.

Der Hunger treibt mich schließlich doch weiter – jetzt zum Forellentesten in das gleichnamige Restaurant der alteingesessenen traditionellen Fischerei und Räucherei Alt-Schwerin. Seit Jahrhunderte existiert sie bereits an diesem zauberhaften Fleckchen Erde in einer Bucht, kurz bevor es über eine kleine Brücke auf die urige Halbinsel Plauer Werder geht. Neben der Aufzucht von Stör, Forelle und Saibling wird hier noch heute die zünftige Seenfischerei mit Stellnetzen und Reusen gepflegt. Immer donnerstags um elf Uhr unternehmen Besucher mit dem Fischer eine Floßtour über den Plauer See zur Reuse und zur Störzucht (www.fischerei-alt-schwerin.de). Mit einem deftigen Fischbrötchen im Bauch kann es weitergehen zum Stellplatz Inselcamping.

Die Anfahrt zieht sich mehrere Kilometer durch den Wald auf teilweise rumpeliger Piste, aber die Mühe lohnt sich – der Wohnmobilhafen liegt traumhaft am Waldrand vor einem Campingplatz. Die großzügigen Parkflächen sind einladend gestaltet mit Tischen und Bänken zum Picknicken und einer bezaubernden kleinen Badebucht. Wer vorher den Kühlschrank gefüllt hat und sich nach nichts als Ruhe sehnt, wird sich hier sehr wohlfühlen.

Malchow: ab auf die Insel

Egal, ob mit dem Rad, dem Camper oder dem Boot – schon die Ankunft in Malchow ist ein Erlebnis. Die Inselstadt ist vollständig umgeben von Wasser zwischen Plauer See und Fleesensee. Hotspot ist die preisgekrönte Drehbrücke, welche die charmante Altstadt mit dem Festland verbindet. Einmal in der Stunde lässt sie Boote und Fahrgastschiffe passieren – eine Attraktion, die viele Besucher gebannt von einem der umliegenden Restaurants und Cafés aus bewundern. Der Italiener am Hafen macht es ohnehin fast unmöglich, weiter zu bummeln. Der Magen knurrt und es duftet verführerisch nach frisch gebackener Pizza. Wer sich hier niederlässt, genießt neben leckerem Essen und dem Nachtisch aus der Eisdiele einen herrlichen Blick auf die prägnanten Türme der Klosterkirche, die auf einer kleinen Anhöhe am gegenüberliegenden Seeufer auf dem Festland thront. Die idyllisch im Grünen gelegene Klosteranlage ist zu Fuß über einen Damm erreichbar und beheimatet gleich mehrere Museen.

Im Raritätenmuseum „Kiek in un wunner di“ erfahren Besucher Besonderheiten aus dem Lebensalltag der Bevölkerung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – wie zum Beispiel die Geschichte des Wäschewaschens.

Auch das Orgelmuseum in der Kirche ist ein Erlebnis, nicht nur für Kirchenmusik- Liebhaber (siehe Tipp der Autorin). Wer gut zu Fuß ist, besteigt anschließend noch den Kirchturm und genießt einen fantastischen Rundumblick über die Stadt und die umliegenden Seen.

Für Camper gibt es mehrere wassernahe Stellplätze und einen schönen Campingplatz im Grünen – ein Grund mehr, hier ein paar Tage zu verweilen.

Jabel: Ureinwohnern auf der Spur

Nach so viel Kultur zieht es mich wieder in die Natur – an den zauberhaften Jabelschen See. Das hübsche kleine Dorf, dem der See seinen Namen verdankt, wartet gleich in der Ortsmitte beim Pfarrhaus mit einem eindrucksvollen Naturdenkmal auf:

Die mächtige Eibe, die dort Schatten und gute Stimmung spendet, soll um die 300 Jahre alt sein und damit die älteste ihrer Art in Mecklenburg. Und es gibt weitere Ureinwohner zu bestaunen – Die mächtige Eibe, die dort Schatten und gute Stimmung spendet, soll um die 300 Jahre alt sein und damit die älteste ihrer Art in Mecklenburg. Und es gibt weitere Ureinwohner zu bestaunen – auf der im Süden des Sees liegenden Halbinsel Damerower Werder. In dem Naturschutzgebiet leben wieder angesiedelte europäische Wildrinder. Mit etwas Glück erhaschen Besucher während der täglichen Fütterungen im Wisent-Reservat einen Blick auf die vom Aussterben bedrohten urigen Wiederkäuer.

Für mobile Reisende gibt es gleich mehrere idyllische Niederlassungen. Der herrlich einsam im Wald auf einer Lichtung und entlang einer schönen Bucht gelegene Campingplatz befindet sich gegenüber vom Wisent-Reservat auf der anderen Seeseite und wirkt selbst wie ein verträumtes Relikt aus vergangenen (Camping-)Zeiten. Die neue Betreiberfamilie ist herzlich und sorgt für Wohlfühlatmosphäre – auf dem Platz und auf der hübschen Restaurant-Terrasse mit Seeblick, wo für die Gäste selbst zubereitete Schmankerl angeboten werden. Wer mehr Action sucht und ein paar Tage aufs Boot umsteigen will, checkt am Jachthafen Maribell ein. Dort finden auch Camper ein schönes Plätzchen am Wasser.

Waren: Wellness am kleinen Meer

Wer sein nächstes Mahl selbst aus dem See fischen will, hat dazu an der Müritz beste Chancen. Der Name leitet sich vom slawischen „morcze“ ab – „kleines Meer“. Sehr passend: Die Müritz ist nicht nur der größte See der Mecklenburger Seenplatte, sondern auch der größte Binnensee Deutschlands – und ein Paradies für Angler. Zu den beliebtesten Angelfischen gehören Hecht, Barsch, Aal, Zander und Karpfen. Benötigt werden in der Region eine gültige Angelkarte und ein Fischereischein. Wer keinen eigenen hat, erwirbt einen Touristen-Fischereischein. Sollte der Erfolg unerwartet ausbleiben, lässt sich der Fischhunger auch hervorragend in der „Müritzhauptstadt“ Waren stillen.

Der Luftkurort gilt als touristisches Zentrum der Region und hat die terrassenförmig angelegten Häuser und die alten Speichergebäude in den letzten Jahren einladend herausgeputzt. Hier lässt es sich ausgiebig bummeln, shoppen, speisen und gesund entspannen.

Beliebt ist der seit 2012 als Soleheilbad anerkannte Ort nicht zuletzt wegen seiner Heilwirkung für Haut und Atemwege. Die in 1550 Metern unter der Erde aus einem unterirdischen „Meer“ gewonnene jodhaltige Thermalsole ist Basis für das „Warener Badesalz“ – ein nettes Mitbringsel für die Daheimgebliebenen.

„Die Luft ist wundervoll, und je nachdem wie der Wind steht, bin ich auf unserem Balkon von einer feuchten Seebrise oder, von der Waldseite her, von Tannenluft und -duft umfächelt“, schrieb Theodor Fontane begeistert an einen Freund, als er 1896 einige Zeit in Waren verbrachte.

Mobile Reisende haben auch hier die Qual der Wahl zwischen mehreren Stellund Campingplätzen. Für den Stellplatz- Check fällt sie auf den Wohnmobilpark Kamerun am Ostufer – der Platz ist sehr beliebt und gut besucht, obwohl es kaum Schatten und wenig Privatsphäre gibt. Die vielen Wohnmobile stehen relativ dicht in Reih und Glied. Wer ein paar Euro mehr investiert, steht sehr viel schöner nebenan auf dem Campingplatz – Sonnenuntergang und Hafenblick inklusive. Neben allem Komfort mit Restaurant und modernen Sanitärgebäuden bietet er großzügige Stellflächen am Wasser und unter Bäumen. Von hier aus ist die Altstadt in einer Viertelstunde über einen teilweise am Wasser entlangführenden Radweg erreichbar.

Wer lieber übers Wasser geht, schnappt sich ein Stand-up-paddle und rudert das kurze Stück bis in die Altstadt. Direkt am Platz gibt es außerdem einen kleinen Hafen, der Liegeplätze bereithält für Boote, und bei Bedarf Ruder-, Tret- oder Motorboote vermietet.

Fackwerk-Idylle: Charmante Städtchen wie Waren laden zum Bummeln ein.

Kargow: Traumplatz mitten im Nationalpark

Vom Wasser gehts in den Wald: Das nächste Etappenziel befindet sich mitten im Müritz-Nationalpark. Die zahlreichen Seen und Moore machen ihn einzigartig unter den 16 deutschen Nationalparks. Bekannt ist er unter anderem für seine Vorkommen seltener Vogelarten – Fischund Seeadler finden in der Abgeschiedenheit Brutplätze und Nahrung – genau wie Kraniche. Bis zu 14.000 Glücksvögel sammeln sich im Herbst an der Müritz. Höhepunkt ist Mitte Oktober. Der anheimelnden Ausstrahlung dieser stillen und gleichzeitig so reichen Landschaft kann man sich kaum entziehen.

Sehr zu empfehlen ist eine naturkundliche Führung zu Fuß oder mit dem Rad, welche die Nationalparkverwaltung regelmäßig anbietet. Aber auch auf eigene Faust lässt sich vieles entdecken – die Radwege sind gut ausgeschildert (www.mueritz-nationalpark.de).

Der Stellplatz im Weiler Schwarzenhof ist ein bezaubernder Ort und hervorragender Ausgangspunkt für Wanderungen und Radtouren. Er liegt neben einem Bauernhof, ist liebevoll angelegt, absolut ruhig und es gibt im vorderen Bereich auch einige Plätze mit Schatten.

Versorgt werden die Gäste mit Strom, Wasser, Entsorgungsmöglichkeiten und auf Wunsch auch mit Brötchen. Ein kleiner Bücherschrank bietet entspannende Bettlektüre für lange gemütliche Herbstabende.

Bildergalerie

Röbel: bunter Hafen am kleinen Meer

Letzter Halt dieser entspannten und schönen Tour ist in Röbel. Der anerkannte Erholungsort ist schon von Weitem an den imposanten Türmen der beiden Backsteinkirchen aus dem 13. Jahrhundert zu erkennen. Die St. Marienkirche bietet von ihrer Aussichtsplattform einen herrlichen Panoramablick über die Müritz und das schöne hügelige Hinterland.

Von dem gut ausgestatteten Stellplatz am Seglerhafen ist die wunderschöne, lang gestreckte Uferpromenade mit den Anlegestellen der Fahrgastschiffer sowie den netten Restaurants und Cafés schnell erreicht. Der ganze Ort strahlt mit seinen vielen bunten Fachwerkhäusern, den Ringgassen und den alten, teils schilfgedeckten Bootshäusern ein beschaulichmaritimes Flair aus. Besonderer Anziehungspunkt ist die restaurierte Holländerwindmühle, die mittendrin auf dem Burgberg thront. Von April bis Oktober werden hier regelmäßig Fotos und Bilder von Künstlern aus der Region ausgestellt.

Besuchenswert ist auch die etwa 3,5 Kilometer entfernte Scheune Bollewick – die größte Feldsteinscheune Deutschlands. Hier gibt es neben kulturellen Angeboten auch regionale Produkte – als Mitbringsel oder Proviant für die Heimreise, die jetzt leider kaum noch aufzuschieben ist.

Wer noch etwas Zeit erübrigen kann, unternimmt zum Ausklang einen Abstecher ins fünf Kilometer entfernte Gotthun. In dem beschaulich am Westufer der Müritz gelegenen Dörfchen wartet ein romantischer Stellplatz im Garten der Pension Müritzwiese auf mobile Gäste.

Infobox

Viele weitere Reiseziele und Wohnmobiltouren in Deutschland finden Sie in unserem Tourenführer Die 20 besten Wohnmobiltouren in Deutschland – Band 1.

Weitere Stellplätze in der Region finden Sie im BORDATLAS oder bei BORDATLAS Online.

Redaktion
Jutta Neumann
Jutta Neumann nimmt seit Oktober 2017 als begeisterte Camperin reisemobilfreundliche Routen und Stellplätze unter die Lupe.
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