> Mit dem Wohnmobil nach Kulmbach

Viel mehr als Bier

22.05.2020
Text: Claus-Georg Petri | Bild: Stadt Kulmbach

Kulmbach im Herzen Oberfrankens bewahrt Geschichte und Kultur. Bier und leckeres Essen gelten hier als Basis guten Lebens. Dieser Mix macht den Besuch so lohnenswert.

Zentraler geht’s kaum. Direkt hinter der Altstadt von Kulmbach erstreckt sich der Festplatz am Schwedensteig mit 25 nicht parzellierten Plätzen für Reisemobile. Schnell das rollende Zuhause einrichten, dann kann es losgehen: Gassen und Plätze, historische Gebäude und altfränkische Wirtshäuser verweben sich nur 650 Meter entfernt. Etwas Appetit mitzubringen lohnt sich, blitzen in dem Geflecht doch auch Biergärten und Brauereigaststätten auf. Eine solche Mischung verwundert in gerade dieser Stadt nicht: Kulmbach gilt als „heimliche Hauptstadt des Bieres“. Tatsächlich: Wer sich über Bierkultur und die Kunst des Bierbrauens informieren möchte, ist im traditionsreichen Kulmbacher Mönchshof richtig. An diesem mehr als 600 Jahre alten Brauhaus befindet sich übrigens der zweite Stellplatz in der Stadt, er reicht für weitere 15 Reisemobile. Im Mönchshof ist das Bayerische Brauereimuseum zu Hause, eine der bedeutendsten Sammlungen deutscher Biergeschichte. Dazu kommen das Bayerische Bäckerei- und das Deutsche Gewürzmuseum. In diesem Ensemble frönen Gäste nach Herzenslust der kulinarischen Genüsse, besuchen Bierkurse und besichtigen die Brauerei.

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Die von hier aus 1,3 Kilometer entfernte Altstadt zu besuchen loht sich auf alle Fälle: Die Sehenswürdigkeiten Kulmbachs lassen sich prima zu Fuß entdecken. Der Stadtrundgang führt zu den wichtigen Zeugnissen der Vergangenheit. Obendrein laden kleine Läden und das Einkaufszentrum Fritz direkt am Bahnhof zum Einkaufsbummel ein. Sinnvoll, um sich einen Überblick zu verschaffen, ist, die Tour an der Plassenburg zu beginnen. Diese Festung aus der Renaissance überragt Kulmbach als weithin sichtbares Wahrzeichen. Von diesem alten Gemäuer aus lassen sich Stadt und Umgebung überschauen – und im Café eine Tasse Kaffee genießen. Tipp: In der Burg mit ihrem sogenannten Schönen Hof ist das Deutsche Zinnfigurenmuseum untergebracht, die größte Zinnfigurensammlung der Welt. Zugleich hält das Gebäude her als Bühne für Konzerte und Theater.

Doch nun endlich rein in die Altstadt. Nach 500 Metern Abstieg von der Plassenburg ist der Rote Turm erreicht, er ist wie der Weiße Turm, der 250 Meter weiter steht, Teil der Stadtbefestigung aus dem 13. Jahrhundert. Gleich nebenan prangt der Langheimer Amtshof an jener Stelle, an der 1553 beim großen Stadtbrand eine Katharinenkapelle aus dem 16. Jahrhundert Opfer der Flammen wurde.

Das Zisterzienserkloster Langheim bei Lichtenfels beschloss danach, in Kulmbach einen Amtshof zu errichten, um von dort aus seine Güter zu verwalten. Barockarchitekt Johann Leonard Dientzenhofer entwarf die Giebelfassade. Die Rückseite des Langheimer Amtshofes, heute Sitz der Akademie für Neue Medien, ist Teil der Stadtmauer.

Wer dieser Befestigung 250 Meter nach Südosten folgt, steht vor der Petrikirche von 1439. Sehenswert ist der Altar, der die Kreuzabnahme Christi zeigt, verewigt 1650 bis 1653. Aufgepasst: Die Turmuhr zeigt statt Ziffern „Wachet“ und „Betet“. Von dem Gotteshaus leitet eine barocke Freitreppe hinunter, vorbei an dem Renaissancebau der ehemaligen Markgräflichen Kanzlei. Unten steht am Schießgraben (der heißt so wegen der Schießübungen, die hier bis 1722 stattfanden) das Prinzessinhaus von 1729. In dieses Gemach wurde einst Markgräfin Christiane Sophie Wilhelmine vom Bayreuther Hof verbannt – nach einem amourösen Fehltritt. Das Schlösslein steht nur wenige Schritte weiter, entworfen im Renaissancestil von Caspar Vischer. Dieser Baumeister leitete nach dem Stadtbrand den Wiederaufbau der Plassenburg. Übrigens: Auf dem Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium gegenüber ist Thomas Gottschalk zur Schule gegangen.

Unübersehbar steht das Gotteshaus „Unsere Liebe Frau“ nur wenige Meter entfernt. Die neugotische Basilika wurde am 2. Oktober 1894 als katholische Stadtpfarrkirche geweiht. Tipp: Von hier aus eröffnet sich ein Postkartenblick über die Altstadt zur Plassenburg. Außerdem erstreckt sich nach links ein Villenviertel aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert – sehr sehenswert. Rechts geht es eine Treppe hinunter zum Heilingschwertturm aus dem 14. Jahrhundert, in dem früher Heilkräuter getrocknet wurden. Nebenan stehen der Buckelquaderturm aus dem 17. und die Fronveste aus dem 14. Jahrhundert, einst Gefängnis. In dem alten Handwerkerviertel Oberhacken erstrahlen eine Reihe gute erhaltene Fachwerkhäuser. Von hier aus lohnt sich der Abstecher zum ganzjährig geöffneten Badhaus, das erstmals 1398 urkundlich erwähnt wurde. Es ist eine von nur acht wissenschaftlich erforschten und restaurierten Badstuben in Deutschland. Heute ist der Eintritt frei – die Badeordnung von 1575 indes verlangte von „Manns- und Weiberpersonen“ einen Obolus von drei Pfennigen.

Stellplatzführer urige Brauereien: Kulmbacher Brauerei & Bierfest

Der „Stellplatzführer urige Brauereien“ weist den Weg zu 170 Wohnmobilstellplätzen mit Zisch – auch zur Kulmbacher Brauerei Mönchshof. Wer in Deutschland weitere Brauereien mit einem Übernachtungsplatz in der Nähe finden möchte, sollte dieses Buch dabei haben. Es informiert über Brauereibesichtigungen und Bierverkostungen, Brauseminare und Biergärten. Dazu kommen Adressen und alle wichtigen Infos zu den Stellplätzen.

Vorbei geht es nun am Rathaus von 1752 (Tipp: WLAN-Hotspot) zum Marktplatz mit dem Luitpoldbrunnen von 1898. Tipp: Mittwochs und samstags findet hier der Wochenmarkt statt, und rundum laden Straßencafés zur Pause ein. Vom Marktplatz aus leitet die Fußgängerzone Langgasse zum Gewürzbrunnen. Diese Straße verband einst als wichtige Handelsroute Nürnberg mit Leipzig. Die reisenden Kaufleute brachten Gewürze mit und Geld. Von diesem Zusammenhang leitet sich übrigens das Wort „Pfeffersäcke“ als Bezeichnung für reiche Menschen ab. Am Ende der Langgasse ist der Holzmarkt erreicht mit dem Zinsfelder Brunnen. Der wurde 1660 vor dem Rathaus errichtet, später aber hierher versetzt. Der Name Zinsfelder gilt jenem mittelalterlichen Stadtknecht, der den Marktzins kassierte und für Ruhe und Ordnung sorgte. Insofern symbolisiert dieser Brunnen wie ein Roland die Marktfreiheit.

Der Rundgang endet an der Spitalkirche. In der fanden von 1804 bis 1894 nebeneinander evangelische und katholische Gottesdienste statt. Tipp: Interessierte Besucher erhalten den Schlüssel zur Spitalkirche im Café Schoberth in der Spitalgasse. Wer nun genug Kopfsteinpflaster getreten hat und zurück zu seinem Reisemobil möchte: Zum Stellplatz am Schwedensteig sind es gerade mal 600 Meter. Genau doppelt so weit ist es hinüber zum Mönchshof. Dort freilich gibt es ein leckeres Helles – in der heimlichen Hauptstadt des Bieres nicht zu verachten.

Redaktion
Claus-Georg Petri
Claus-Georg ist seit 1995 bei der Reisemobil International und ist Experte für Reisen und Hintergründe und alles Mögliche.
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