> Mit dem Wohnmobil nach Zittau

Leben am Rand

23.09.2020
Bild & Text: Claus-Georg Petri

Zittau liegt im äußersten Südosten Sachsens. Durch das Leben am Rand hat die Kleinstadt ihren Charakter bewahrt und ist sehr individuell geblieben.

Wer nach Zittau reist, hat schon von Weitem zunächst das Zittauer Gebirge vor Augen. Dieses Mittelgebirge, es gehört zu den Sudeten, erhebt sich auf immerhin 793 Meter über NN und markiert mit seinen Gipfeln weithin sichtbar das Ende Sachsens und damit auch die Grenze Deutschlands. Hier, in der Stadt am Dreiländereck zu Polen und Tschechien, finden Reisemobilisten gleich zwei Übernachtungsmöglichkeiten:

• Der Stellplatz an der Brückenstraße liegt knapp anderthalb Kilometer östlich vom Rathaus mitten in der Stadt.

• Seecamping Zittauer Gebirge befindet sich zwar schon im benachbarten Olbersdorf, dennoch aber gerade mal drei Kilometer vom Zentrum entfernt, zu laufen durch den Westpark. Gleich nebenan liegt der Olbersdorfer See. Eröffnet wurde das Camp anno 2000 auf dem weitläufigen Gelände der sächsischen Landesgartenschau, die ein Jahr zuvor dort stattgefunden hatte.

Von welchem Übernachtungsplatz auch immer: Der Weg in die Stadt lohnt sich. Als Startpunkt eines Rundgangs, etwa des Kultur- und Denkmalpfades, empfiehlt sich das Rathaus am Markt 1, da es unter anderem die Tourist-Information beherbergt. Hier gibt es Wissenswertes und Broschüren über Zittau. Außerdem reihen sich auf dem Markt viele der wichtigsten Sehenswürdigkeiten aneinander. So hat das Rathaus Stadtbaumeister Carl August Schramm von 1840 bis 1845 errichtet – nach den Plänen des berühmten preußischen Architekten Karl Friedrich Schinkel. Das Gebäude ähnelt einem Palazzo Grande aus der Renaissance. Zwei Sandsteinfiguren am Eingang, Themis und Sophia, symbolisieren Gerechtigkeit und Weisheit.

Schöne gotische Gewölbe

Gleich nebenan, im Markt 2, befindet sich der ehemalige Ratskeller mit schönen gotischen Gewölben aus dem 14. Jahrhundert. Das Renaissanceportal an der Johannisstraße wird datiert auf die Zeit um 1600. Wie gesagt, der Markt hat es in sich. So wirkt innerhalb der geschlossenen Häuserfront an der Nordseite des Platzes das Noacksche Haus, es trägt die Nummer 6, am großartigsten. Es zeugt von Geld, ließ den Barockbau doch der Zittauer Kaufherr und Senator Andreas Noack im Jahr 1689 errichten.

Wohlhabend war Zittau über die Jahrhunderte dank des Handels mit Tuchen und der Leinenweberei. So gut ging es der Stadt, dass die anderen Orte des Oberlausitzer Sechsstädtebundes (Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban und Löbau) Zittau „die Reiche“ nannten – womöglich schwang dabei etwas Neid mit. Obwohl die Zeit dieses Bundes zum Schutz des Landfriedens, er bestand von 1346 bis 1815, längst passé ist, strahlt die Stadt noch immer in ihrem alten Glanz. Wie die Stadtapotheke am Markt 10: Ihre Geschichte reicht zurück bis 1519.

Das Haus ist mit prächtigen Erkern verziert. Es wurde 1707 errichtet und nach dem Stadtbrand vom 23. Juli 1757 wieder aufgebaut. Von ähnlichem Glanz zeigt sich der ehemalige Gasthof Zur Sonne, Markt 9, einst vornehmstes Hotel der Stadt. Diesen Barockbau von 1710 ziert ein wertvolles Sandsteinportal. Die Fürstenherber- ge, Markt 13, wurde 1767 im Rokokostil als Hotel gebaut. Hier quartierte der Rat der Stadt seine höchsten Gäste ein – so logierte in dem Haus vor der Völkerschlacht zu Leipzig im August 1813 der französische Kaiser Napoleon I.

Bildergalerie

An der Westseite des Platzes, im Markt 24, steht das alte Amtsgericht. Bürgermeister Johann Philipp Stolle hat es 1678 erbaut. Es passt zeitlich in den Übergang der Spätrenaissance zum Frühbarock. Stadtbummler könnten jetzt hungrig sein. Tipp: Das italienische Restaurant La Casa Vecchia (altes Haus) residiert seit 2017 im Klosterstübl in der Johannisstraße 4/6, gerade mal 70 Meter vom Rathaus entfernt – der Schriftzug des traditionellen Hauses blieb erhalten. Unter dieser Adresse befand sich einst der Bierhof mit gotischem Keller.

Frisch gestärkt geht es weiter zum Johannisplatz 1, besser gesagt: zur evangelischen Stadtpfarrkirche St. Johannis. Dieses Gotteshaus geht zurück bis zu einer ersten urkundlichen Erwähnung 1291. Der heutige Bau stammt aus dem Jahr 1837. Er basiert ebenfalls auf Plänen Karl Friedrich Schinkels: Auch die seit 1485 bestehende vierschiffige Kirche war 1757 dem Stadtbrand zum Opfer gefallen.

Gebäude im Rokokostil

Es gibt noch viel mehr Kirchen in Zittau. Eine davon ist die Franziskanerkirche, Teil des Franziskanerklosters. Hier, in der Klosterstraße 3, befinden sich heute das kulturhistorische Museum sowie die Städtischen Museen. Letztere erinnern an den Werdegang Zittaus und seine wohlhabenden Bürger.

Einer davon war der Kaufmann Johann Prieber, dessen Gebäude von 1770 im Rokokostil den Glanz früheren Reichtums in der Inneren Weberstraße 12 widerspiegelt. Bemerkenswert ist der Balkon mit seinem schönen Eisengeländer über der geschnitzten und kunstvoll beschlagenen Tür.

Nur wenige Schritte weiter, in der Inneren Weberstraße 20, hat der Kaufmann Heinrich Grätz 1710 bis 1717 ein Haus für seinen Sohn im Stil des Hochbarocks bauen lassen. Die Fassade mit dem prächtigen Tor gehört zu den schönsten und reichsten der Stadt.

Nach so viel Kultur darf die Gastlichkeit nicht fehlen. Tipp: In der Fleischerbastei lädt Kultuhr zum kühlen Getränk und Schmaus ein. Dieses Restaurant mit angeschlossenem Biergarten befindet sich im Karl-Liebknecht-Ring 9 – zum Stellplatz sind es gerade mal 900 Meter zu Fuß, zum Campingplatz 3,5 Kilometer. Das Reisemobil wartet an beiden Stellen schon geduldig.

Redaktion
Claus-Georg Petri
Claus-Georg ist seit 1995 bei der Reisemobil International und ist Experte für Reisen und Hintergründe und alles Mögliche.
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