> Von Schweigen-Rechtenbach bis Bad Dürkheim – Wohnmobiltour entlang der deutschen Weinstraße, Pfalz

Pfälzische Toskana

07.09.2020
Text: Jutta Neumann | Bild: Jutta Neumann, Pfalztouristik e.V., Pixaby

Mit südländischem Savoirvivre locken Land und Leute in der Pfalz Gäste an die deutsche Weinstraße. Und sie haben offenbar ein Herz für Camper. Fast in jedem Winzerdörfchen entlang der deutschen Weinstraße gibt es mehrere idyllische Stellplätze und Campingplätze.

Feigen, Mandeln, Zitrusfrüchte, Palmen, Zypressen und natürlich Wein: Die an das nördliche Elsass angrenzende Region ist gesegnet mit einer traumhaften Kulturlandschaft und trägt den Spitznamen „Pfälzische Toskana“ zu Recht. Nicht nur dank ihrer Nähe zu Frankreich, strahlt die Gegend entlang der deutschen Weinstraße einen geradezu mediterranen Charme aus.

Ihre Bewohner wissen das Leben zu genießen und sie teilen gerne mit ihren Gästen – das Angebot für mobile Reisende ist überdurchschnittlich groß. Allerdings sind die Übernachtungsplätze auf Weingütern, Stell- und Campingplätzen auch sehr gefragt. Vor allem an Wochenenden empfiehlt sich eine Reservierung oder frühes Anreisen.

Die älteste touristische Straße Deutschlands ist nur 85 Kilometer lang, aber die haben es in sich: Sie ist gesäumt von hübschen Fachwerkstädtchen und malerischen Winzerdörfern, die sich in die hügeligen Weinberge schmiegen. Bekannt ist die Gegend auch für ihre wegen des milden Klimas bereits im März blühenden Mandelbäume. Das typische Gewächs ist aber die Weinrebe, die hier von den Römern eingeführt wurde.

Der westlich vorgelagerte Pfälzer Wald, der von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt wurde, hält den Regen ab, dazu die Hanglagen, die vor Spätfrösten schützen – ideale Bedingungen für den Weinanbau und auch für Wanderer:

Der Pfälzer Weinsteig – mit 170 Kilometern und elf ausgewiesenen Tagesetappen der längste Premiumwanderweg in der Pfalz – führt von Süden nach Norden und wechselt immer wieder hin und her zwischen dem Weinbaugebiet an der Deutschen Weinstraße und dem Ostteil des Pfälzerwalds.

Auch für Radler ist die Gegend ein Traumziel. Wie die Autostraße beginnt in Schweigen- Rechtenbach der Radweg Deutsche Weinstraße, der über eine Länge von 95 Kilometern und etliche abzweigende Panoramarouten zu besonderen Sehenswürdigkeiten wie Schlössern und Burgen bis nach Bockenheim führt, wo die Touristikroute endet. Als Belohnung warten überall gastfreundliche Wirte mit herzhafter Küche und natürlich Winzer mit einer Weinverkostung.

Schweigen-Rechtenbach: Am Deutschen Weintor

Tourstart für den Stellplatz-Check ist in der Doppelgemeinde Schweigen-Rechtenbach. Das Dörfchen mit rund 1.400 Einwohnern gehört zum Bad Bergzabener Land und ist ein beliebtes Ziel bei Urlaubern, die die Welt des Weinbaus und Winzerhandwerks erkunden möchten. Und das lohnt sich: Schon Karl der Große soll die hervorragenden Weine der Region gelobt haben.

Der Ort schmiegt sich malerisch zwischen Berge voller Reben inmitten grüner Felder und direkt an die französische Grenze. Von hier ist aus ist das elsässische Wissembourg nur noch einen Steinwurf entfernt – ein Ausflug lohnt nicht nur wegen der berühmten Flammkuchen (siehe Tipp der Autorin) und ist auch zu Fuß oder mit dem Rad leicht machbar.

Wahrzeichen in Schweigen-Rechtenbach ist das Deutsche Weintor. Das 18 Meter hohe Bauwerk ist im Besitz der gleichnamigen Winzergenossenschaft und markiert den südlichen Anfang der Deutschen Weinstraße.

Als Übernachtungsplatz bietet sich das mitten in den Weinbergen liegende Winzergut Cuntz am Ortsende an. Hier stehen vier Fahrzeuge ruhig und bei netten Gastgebern – auf Wunsch auch mit ausgiebiger Weinverkostung.

Bad Bergzabern: Kurstadt mit Schloss

Weiter geht’s acht Kilometer nordwärts die Weinstraße entlang in das hübsche Kurstädtchen, dem die Region ihren Namen verdankt. Das Wohnmobil steuere ich direkt zum Weingut Hitziger etwas oberhalb vom Ort, von dem aus sich ein herrlicher Ausblick in die Weinberge und über das Bad Bergzaberner Land eröffnet. Die Plätze sind etwas schräg, aber mit Keilen steht man hier sehr idyllisch und gut versorgt bei herzlichen Gastgebern. In die sehenswerte historische Altstadt mit den prunkvollen Renaissance-Bauten geht’s in wenigen Minuten und immer bergab zu Fuß.

Mittendrin residiert das ehemalige Herzog- Schloss, Wahrzeichen der Stadt und heute Sitz der Stadtverwaltung. Unweit davon befindet sich noch der städtische Stellplatz, an dem man ebenfalls gut und sogar schattig steht – für eine Nacht oder einen Stadtbummel absolut ausreichend. Ein weiterer Hingucker ist das historische Gasthaus zum Engel, das mit einer farbenprächtigen Renaissance-Fassade beeindruckt. Lohnenswert bei jeden Wetter: Eine Auszeit in der Südpfalz-Therme mit Saunabereich, und verschiedensten Wellnessangeboten.

Billigheim-Ingenheim: Campen am Klingbach

Als nächster Stopp zum Übernachten bietet sich der ansprechend gestaltete städtische Campingplatz im Klingbachtal an. Er punktet nicht nur mit viel Grün, Bäumen, einem modernen neuen Sanitärgebäude und netten Gastgebern, sondern auch mit einem sehr schönen Freibad direkt nebenan, das Campinggäste gratis mitnutzen können. An heißen Tage eine sehr willkommene Erfrischung nach einer Wander- oder Radtour. Wer nur auf der Durchreise ist, bleibt für kleines Geld vor der Schranke auf dem Stellplatz.

Impflingen: Pfälzer Tapas und preisgekrönte Weine

Für den nächsten Zwischenstopp steuere ich mein fahrendes Haus über die L510 nach Impflingen zum Weingut Junker. Es bietet wunderschön gelegene Stellplätze, Pfälzer Tapas im Winzerlokal mit Terrasse, köstliche Weine und einen freundlichen Empfang. Auf Wunsch und Bestellung gibt es morgens Brötchen ans Wohnmobil. Benannt ist der Ort übrigens nach einem fränkischen Höfling – Emphilo, der sich im 6. Jahrhundert hier niederließ. Der Ort lebt vom Weinanbau – etliche Impflinger Tropfen sind preisgekrönt und halten nationalen und internationalen Vergleichen Stand.

Von hier aus lohnt ein Ausflug zur Ruine Madenburg in Eschbach, einer der größten Burganlagen in der Pfalz. Der Aufstieg zu Fuß ist zwar anstrengend, aber lohnenswert: Oben warten Pfälzer Leckereien in der Madenburgschänke und ein sagenhafter Blick über die Weinberge, die Rheinebene und den Pfälzer Wald.

Landau: Metropole an der südlichen Weinstraße

Die ehemalige Festungs- und heutige Universitätsstadt ist ein Highlight der Tour und kultureller Hotspot der Region. Davon zeugt unter anderem die Jugendstil-Festhalle, eine der bedeutendsten Theaterbauten im südwestdeutschen Raum. Romantische Gassen und großzügig angelegte Plätze laden zum Bummeln und Shoppen ein, auf dem Wochenmarkt decken sich Besucher mit frischem Obst, Gemüse und Pfälzer Spezialitäten ein, überall verführen lauschige Lokale und Cafés zu kalorienreichen Boxenstopps.

Ein Hingucker ist das Deutsche Tor am Untertorplatz, das einst den Zutritt zur Stadtfestung ermöglichte. Baumeister war der Franzose Sébastien de Vauban – es zeugt von der Zeit, als Landau noch zu Frankreich gehörte. Am anderen Ende der Stadt steht fast baugleich das Französische Tor – beide zeigen sie im Stil römischer Triumphbögen das Wappen der Bourbonen und den Sonnenkönig Ludwig VIX. Landau gilt übrigens als Wiege des Cabriolets. Schon vor über 300 Jahren gab es hier mehr Sonnenstunden als sonstwo im Land. Keine Überraschung, dass hier auch die ersten Kutschen mit abnehmbarem Dach erfunden wurden. Im 18./19. Jahrhundert mauserte sich der „Landauer“ zum Statussymbol gehobener Kreise und zum bevorzugten Reisewagen.

Ich steuere meinen Kastenwagen mit Aufstelldach – die moderne Kutschen- Cabrio-Variante eines Reisemobils und auch sehr kommod – vollgepackt mit Frischkost zum Weingut Lorenz ins knapp vier Kilometer entfernte Nussdorf und genieße dort das zauberhafte Ambiente.

Rhodt unter Riedburg: Ältester Weinberg der Welt

Auf dem Weg in Richtung Neustadt passiere ich Rhodt unter Rietburg – ein Kleinod an der Weinstraße. 1.200 Jahre hat das zauberhafte Winzerdörfchen auf dem sehr gut erhaltenen Buckel. Es verwundert nicht, dass sich hier zwischen Weinreben und Mandelbäumen, in malerischen Gassen und altem Fachwerk auch etliche Künstler niedergelassen haben, um sich von der besonderen Aura dieses Ortes inspirieren zu lassen. Hier gedeihen noch heute Trauben im „Rhodter Rosengarten“, dem mit 400 Jahren vermutlich ältesten noch tragenden Weinberg der Welt.

Nicht verpassen: Ein Spaziergang durch die Theresienstraße. Sie ist gesäumt von wunderhübschen alten Wohnhäusern, charmanten Winzerhöfen und über 150 Jahre alten Kastanien. Sie wurden zu Ehren von Therese, der Gattin von König Ludwig I gepflanzt, der hier in der Nähe seinen Sommersitz eingerichtet hatte. Stellplätze gibt es einige bei Winzern, für einen Zwischenstopp reicht auch der zentral auf einer Wiese gelegenen Parkplatz ohne Versorgung.

Edenkoben: Mit der Sesselbahn auf die Ritterburg

Berühmtester Bewohner des Luftkurorts war König Ludwig I. Der bayerische Monarch war so begeistert von den landschaftlichen und klimatischen Reizen des Ortes, dass er hier seine Sommerresidenz Schloss Villa Ludwigshöhe errichten ließ. In unmittelbarer Nähe finden Urlauber auch die Talstation der Rietburgbahn, dem einzigen Sessellift in Rheinland-Pfalz. Mit ihr geht’s ohne Anstrengung hinauf zur Ruine der ehemaligen Ritterburg, die mit Gaststätte und Aussichtsterrasse ein beliebtes Ausflugsziel ist: www. rietburgbahn- edenkoben.de. Auch hier gibt es einen passablen Stellplatz am Kirchberg und mehrere Weingüter, die mobile Reisende beherbergen. Am Weingut Edel-Brauch entscheidet der Gast selbst, wieviel er bezahlen möchte.

Sankt Martin: Camper willkommen

Rund 45.000 Übernachtungsgäste lockt der Ort jedes Jahr an – bei etwa 1.800 Einwohnern. Wer einmal hier war, versteht auf Anhieb warum. St. Martin hat etliche Auszeichnungen bekommen, unter anderem als zweitschönstes Dorf Deutschlands. Der historische Ortskern mit den pittoresken Gassen, Winzerhöfen, Fachwerkhäusern, Vinotheken und Restaurants steht seit den 1980er Jahren unter Denkmalschutz, die Lage am Haardtrand zwischen Pfälzerwald und Weinland ist einmalig schön.

Für mobile Reisende gibt es hier eine außergewöhnlich große Auswahl an Übernachtungsplätzen. Es gibt zwei Stellplätze der Gemeinde, mehrere bei Winzern und einen schönen ruhig gelegenen Campingplatz. Hier lässt sich herrlich urlauben.

Neustadt: Wiege der Demokratie

Traumhafte Natur, Geschichte zum Anfassen und ganz viel Kultur: Neustadt an der Weinstraße ist ein Lieblingsort bei Pfalz- Urlaubern. Kein Wunder – die Stadt mit ihren rund 53.000 Bewohnern begeistert mit zahlreichen Denkmälern, Burgen, Museen, historischen Gebäuden und Villen. In der denkmalgeschützten Altstadt ist man umringt von traditionellen Pfälzer Fachwerkhäusern. Auf dem wunderschönen kopfsteingepflasterten Marktplatz plätschert der Stadtbrunnen. Besucher bestaunen die eindrucksvolle Stiftskircheneben dem Alten Rathaus. Stadtbummler entspannen in einem der zahlreichen Restaurants und Cafés am Markt. Imposant ist auch der Neustadter Saalbau, der mit alter Pracht und modernem Design Platz für bis zu 1.500 Gäste bietet – unter anderem bei der traditionellen Krönung der Deutschen Weinkönigin.

Berühmt und unbedingt einen Besuch wert ist das Hambacher Schloss, das 1832 Geschichte schrieb, als 30.000 Menschen, für Freiheit, Bürgerrechte und nationale Einheit demonstrierten. Seither gilt das Schloss als Wiege der Demokratie. Nur wenige Höhemeter unterhalb bieten Winzer Platz für mobile Reisende. Ich entscheide mich für das Weingut Disson – ein herrlicher Ort mit toller Aussicht, gutem Wein, WC und Dusche.

Deutsche Weinstraße: Stellplätze und Campingplätze

Bildergalerie

Bad Dürkheim: Wein und Wellness

Würdiger Abschluss einer einmaligen Tour ist wieder eine Kurstadt. Bad Dürkheim bietet mehrere Superlative, von denen sich hier nur wenige aufzählen lassen: Stolz ist man auf das wahrscheinlich größte Weinfass der Welt – 1.700.000 Liter passen in das Riesenfass mit 13,5 Metern Durchmesser. Es beherbergt ein Restaurant. Beliebt und überregional bekannt ist auch der Dürkheimer Wurstmarkt, das mutmaßlich größte Weinfest der Welt. Erholungssuchende finden sich beim Gradierwerk ein, dem längsten in Deutschland, und Fans von alten Gemäuern besuchen die Klosterruine Limburg und die Festungsruine Hardenburg, eine der mächtigsten der Pfalz. Mobile Reisende lassen sich am Badesee des gut ausgestatteten Knaus- Camping nieder – besser geht’s kaum.

Infobox

Viele weitere Reiseziele und Wohnmobiltouren in Deutschland finden Sie in unserem Tourenführer Die 20 besten Wohnmobiltouren in Deutschland – Band 1.

Weitere Stellplätze und Campingplätze in der Region finden Sie im BORDATLAS oder bei BORDATLAS Online.

Redaktion
Jutta Neumann
Jutta Neumann nimmt seit Oktober 2017 als begeisterte Camperin reisemobilfreundliche Routen und Stellplätze unter die Lupe.
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