> Wohnmobiltour entlang der Mosel

Mythos Mosel

26.09.2022
Text: Philipp Pilson | Bild: Dominik Ketz/Rheinland-Pfalz Tourismus; Deutsches Weininstitut (DWI); Philipp Bohn/Zeller Land Tourismus GmbH; Andreas Scholer/Römische Weinstraße e.V.; Philipp Pilson

Römer, Reben und Reichsburg – von Trier aus wandeln Urlauber auf Bacchus’ Spuren Richtung Koblenz. Doch die Mosel ist mehr als Riesling. Wandern, Radfahren, eine ungemein reizvolle Landschaft: Nicht umsonst ist die Region ein gern angesteuertes Ziel vieler Reisemobilisten.

Flusslandschaften üben seit jeher eine magische Anziehungskraft auf uns Menschen aus. Da wäre das Wasser, das eine Vielzahl an Wassersportmöglichkeiten bis hin zu gemütlichen Flussfahrten erlaubt und an hochsommerlichen Tagen eine gewisse Frische verspricht. Es ist aber auch die beruhigende Kraft des Wassers, die bereits beim Blick über die Wasseroberfläche ein gutes Gefühl vermittelt.

Die Moselregion setzt hier noch einen drauf und liefert zahlreiche Argumente, die sie bei vielen Reisefreudigen zu Recht ganz oben auf die Wunschliste setzt: Die Fülle an schönen mittelalterlichen Winzerorten, die sich wie Perlen aneinanderreihen, und (Weiß-)Wein von Weltrang, der an den berühmten Hängen angebaut wird. Aktive haben die Möglichkeit, die Kulisse über den Moselsteig zu erwandern oder über endlose Radwege am Ufer entlang zu erfahren. Die Rückfahrt erfolgt anschließend bequem per Schiff. Die Nummernschilder verraten: Aus den Niederlanden, aus Belgien, Skandinavien und allen Ecken Deutschlands zieht es Reisemobilisten hier her. Entsprechend voll kann es werden. Kein Wunder bei so viel landschaftlicher Schönheit und genussvollen Versuchungen. Die Mosel, ein Fest für die Sinne.

Das Gute vorweg: Mobile Reisende haben die Qual der Wahl. An Stellplätzen mangelt es wahrlich nicht, die Kunst besteht in erster Linie darin, einen der freien Plätze zu ergattern – zumindest in der Hochsaison, die hier bis zur Weinlese in den Oktober hineinreicht. Die Wahl der getesteten Stellplätze fiel daher einerseits auf Plätze, die nah an den Highlights der Tour lagen, andererseits auf große Plätze, bei denen die Hoffnung gegeben war, auch am späten Nachmittag noch einen freien Übernachtungsplatz vorzufinden. Erfreulich: Fast jeder Ort besitzt ein eigenes Reisemobil-Refugium und wir könnten einiges über jeden der reizvollen Moselorte und über die mannigfaltigen Winzerbetriebe berichten, aber Geschichten über römische Monumente oder kuriose Steillagen-Namen gibt es so viele wie es Weinstöcke an den Hängen gibt. Für all dies reicht der Umfang bedauerlicherweise nicht aus.

Welterbestadt Trier – lebendige Geschichte

Die Tour startet in einer der ältesten Städte Deutschlands. Von den Römern als „Augusta Treverorum“ vor über 2.000 Jahren gegründet, wurde von Trier aus eine Zeit lang das weströmische Reich regiert. Von dieser einstigen Größe und Bedeutung zeugen noch heute zahlreiche antike Monumentalbauten im ganzen Stadtgebiet verteilt, die der Stadt den Titel UNESCO Weltkulturerbe verliehen. Darunter die Porta Nigra, Konstantin-Basilika oder die Kaiserthermen. Auch das Ensemble von Dom und Liebfrauenkirche zählt dazu. Der Trierer Dom ist die älteste Bischofskirche in Deutschland und geht auf Kaiser Konstantin zurück, der hier zeitweise residierte. Für Bibelfreunde: Der Egbert-Codex in der Stadtbibliothek ist der älteste und umfangreichste Bilderzyklus zum Leben Jesu. Das Juwel mittelalterlicher Buchkunst wurde in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen. Vom schön gelegenen Womopark Treviris auf der anderen Uferseite der Mosel ist die Altstadt in rund drei Kilometern mit dem Fahrrad bequem zu erreichen. Der Platz selbst bietet sämtliche Infrastruktur, die das Camperherz begehrt.

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Entlang der Römischen Weinstraße

Wir verlassen Trier und gehen weiter auf Zeitreise. Vorbei an Longuich mit einer Villa urbana inmitten der Felder stoßen Reisende im Wohngebiet der Römer- und Weinstadt Mehring ebenfalls auf eine Rekonstruktion einer Villa rustica. Zu sehen sind unter anderem ein mehrfarbiges Mosaik, eine Wandverkleidung aus schwarzem Marmor und eine antike Fußbodenheizung (Hypokaustum), Eintritt kostenlos. Ansonsten besticht der Ort durch seine landschaftlichen Kontraste, die bereits die Römer zu schätzen wussten. Auf der einen Seite eine uralte, von der Sonne verwöhnte Weinlage, an der die Trauben zu erstklassiger Güte heranreifen, auf der anderen Seite die mit Wald bedeckten Ausläufer des Hunsrücks.

Wer etwas abseits des Touristenrummels übernachten möchte und mehr Komfort sucht, findet auf dem hoch über dem Moseltal gelegenen Campingplatz Landal eine geeignete Übernachtungsmöglichkeit, ansonsten bietet sich der gigantisch große Stellplatz in Klüsserath direkt an der Mosel an. Auf einer Wiese findet quasi jeder einen Platz, auch in der Hauptsaison – wahlweise mit Blick auf das Ufer oder die ausgedehnten Weinberge.

Neumagen-Dhron – der älteste Weinort

Die Stellplatztester wechseln die Flussseite, passieren fast vollständig mit Weinreben bepflanzte Hänge, die steil zur Mosel abfallen und wunderschön anzuschauen sind. Nach wenigen Kilometern erreichen wir Neumagen-Dhron. Der Fundort des berühmten Römerweinschiffes gilt als ältester Weinort Deutschlands. Ein Replikat des in Stein gehauenen Schiffes, geschaffen um 220 n. Chr. als Grabdenkmal eines römischen Weinhändlers, steht vor der Peterskapelle. Die größte Attraktion von Noviomagus, wie der Ort bei den Römern hieß, ist sicherlich die „Stella Noviomagi“, die quasi direkt neben dem Stellplatz an der Marina liegt. Die „Stella“ ist ein schwimmender Nachbau des Neumagener Weinschiffs, der zurzeit allerdings aufwendig grundüberholt wird (keine Fahrten möglich). Für den Besuch des beschaulichen Winzerdorfs mit seinen schönen Höfen und der kleinsten Weinstube parkt das Reisemobil auf dem gepflegten und mit Weinreben parzellierten Platz an der Marina.

Bernkastel-Kues – Zentrum der Mosel

Bernkastel-Kues – Zentrum der Mosel der mittelalterliche Marktplatz mit seinen wunderschönen Fachwerkhäusern, dem Renaissance-Rathaus von 1608 und der prachtvollen Adler-Apotheke. Ein beliebtes Fotomotiv ist das Spitzhäuschen – krumm, schief und irgendwie alles Nummer zu klein zieht es ungläubige Blicke auf sich. Seit 600 Jahren balanciert es auf einem schmalen Sockel und wirkt, als wäre das Gebäude schräg auskragend nach oben gewachsen. Und da war ja auch noch der berühmte Namenspatron der Stadt, dessen sehenswertes Geburtshaus auf dem Weg Richtung Campingplatz liegt. Nikolaus Cusanus (dt. „von Kues“), der berühmte Universalgelehrte, Kardinal und engagierte Vorkämpfer der kirchlichen Einheit wurde hier geboren. Mobile Gäste können am Ufer tagsüber parken oder für die Übernachtung auf den Campingplatz mit Stellplatz ausweichen. Wer auf ein Fahrrad zurückgreifen kann, für den lohnt der Stellplatz im Vorort Graach, direkt am Radweg gelegen.

Paradiesisch für Aktive: Wanderrouten (Moselsteig) führen in die Weinberge und am Wasser entlang.

Zeltingen-Rachtig – Wein und Bier, das rat ich dir

Ein Katzensprung von Bernkastel-Kues entfernt passieren die Stellplatztester den großen Weinort Zeltingen-Rachtig.

Notiz am Rande: Zeltingen-Rachtig ist der einzige Ort an der Mosel, der über eine eigene Operette verfügt und in Zeit der kurfürstlichen Herrschaft angesiedelt ist. Aufgeführt wird sie alle zwei Jahre auf dem historischen Marktplatz.

Schöne Idee: Dank Weinautomat direkt auf dem Stellplatz sitzt der Camper abends nicht auf dem Trockenen, falls der Weinkauf vor lauter Sightseeing bisher zu kurz kam.

Restaurant-Tipp: Soll die mobile Küche einmal kalt bleiben, empfiehlt sich ein Abstecher zum Kloster Machern. Nur 15 Minuten zu Fuß vom Stellplatz entfernt, über die Brücke, gibt es im Wirtshaus deftige, gutbürgerliche Küche – und das beste Bier der Region. Weiter geht’s unter der 2019 fertiggestellten Hochmoselbrücke hindurch, die wie ein Fremdkörper inmitten dieser schönen Landschaft wirkt.

Traben-Trarbach – Wein trifft Jugendstil

Die Stadt am Fuß der Grevenburg und des Festungsbergs Mont Royal war einst die zweitgrößte Weinhandelsstadt Europas nach Bordeaux. Wer sich von dieser einstigen Größe überzeugen will, sollte sich in die „Unterwelt“ begeben. Damals wurden große Flächen des Stadtkerns mit teilweise mehrstöckigen und langen Gewölben unterkellert, um die Kapazität der Weinkeller zu vergrößern. Wieder oberhalb der Erdoberfläche angekommen, schlendern Besucher durch die Altstadt und stoßen auf eine Fülle an architektonisch sehenswerten Gebäuden aus der Zeit des Jugendstils. Als Ausgangspunkt für die Stadtbesichtigung eignen sich gleich zwei Camping- und Stellplätze. Fast nebeneinander und unweit von Traben-Trarbach gelegen, waren beide Übernachtungsmöglichkeiten zum Testzeitpunkt komplett ausgebucht.

Mosel-typisches Panorama rund um Zell und Pünderich.

Via Enkirch nach Zell – spektakuläre Aussichten

Wieder auf der Straße zieht es uns weiter die Mosel flussabwärts und wir streifen mit Enkirch eine wahre Schatzkammer. Beim Spaziergang durch die alten, schmalen Gässchen, vorbei an verträumten Winkeln und historischen Weinhöfen, zeigen sich liebevoll geschnitzte Straßenschilder und erhaltene Stein- und Fachwerkhäuser. Der Stellplatz derselben Kategorie wie in Klüsserath überzeugt mit seiner Größe und seinem Platzangebot auf einer langgezogenen Wiese. Von hier aus geht es unter der Straße hindurch direkt in die Altstadt.

Es geht weiter Richtung Zell, das an einer spektakulären Moselschleife liegt. An den Rebhängen grüßt die „Schwarze Katz“, hoch oben thront die Marienburg. Camper parken ihr Reisemobil auf dem ersten, geschotterten Parkplatz unterhalb der Burg. Auch gut für eine Rast mit Aussicht geeignet. Der beste Blick auf die Mosel-Szenerie bietet sich nach einem Fußmarsch vorbei an der Marienburg (Achtung, sehr steiler Anstieg!) vom Prinzenkopf-Turm aus. Das atemberaubende 360-Grad-Panorama erlaubt Blicke auf Pünderich, die Flusslandschaft und Deutschlands längstes Hangviadukt: Über eine Strecke von 786 Metern führt die „Kanonenbahn“-Eisenbahnstrecke über 92 Bögen an Pünderich vorbei.

Bremm – steilste Weinlage und Moselschleife

In Bremm, im Halbrund der berühmten Moselschleife gelegen, steuern die Tester das Weingut Oster-Franzen an und entscheiden sich, die Nacht hier zu verbringen. Das Weingut hat 16 Stellplätze im hinteren Bereich des Geländes angelegt. Etwas teuer und das Areal ist stellenweise eng – mit Ausnahme dreier Plätze „im Pfirsichgarten“ direkt daneben mit Blick auf Weinberge –, aber mit allem ausgestattet, was der mobile Reisende benötigt, auch Weinproben.

Die Wanderschuhe angeschnallt geht es von hier aus Richtung Bremmer Calmont: die steilste Weinlage Europas. Eine Naturkulisse der ganz besonderen Art. Beeindruckend, wie sich der mit Weinreben bepflanzte Steilhang vor einem auftürmt und nicht wenige Gedanken kreisen in dem Moment um die mühselige Arbeit, die den Winzern hier im Weinberg abverlangt wird.

Ein erster Aussichtspunkt rund 100 Meter hinter der Kirche ist zu Fuß problemlos zu erreichen und erlaubt bereits schöne Blicke durch die Weinreben auf das wohl ikonischste Fotomotiv der gesamten Regi- Markantestes Beispiel des Jugendstils in Traben-Trarbach ist sicherlich das Brückentor von 1899 und zugleich Wahrzeichen der Doppelstadt. Um die große Nachfrage an Riesling-Weinen zu bedienen, mussten Kapazitäten geschaffen werden – unterirdisch. Übernachtungsmöglichkeiten zum Testzeitpunkt komplett ausgebucht. Via Enkirch nach Zell – spektakuläre Aussichten Wieder auf der Straße zieht es uns weiter die Mosel flussabwärts und wir streifen mit Enkirch eine wahre Schatzkammer. Beim Spaziergang durch die alten, schmalen Reisemobil International 9/2022 201 on: die Moselschleife mit der Klosterruine Stuben. Der Calmont-Klettersteig führt von hier aus weiter durch die Weinbergterrassen den Hang hinauf.

Wer nicht vom Weingut aus die Füße in die Hand nehmen möchte, parkt das mobile Gefährt auf dem Parkplatz am Ortsende auf der linken Seite. Achtung: Der Wanderparkplatz direkt an der Kirche ist mit einem Reisemobil durch die engen Gassen quasi nicht zu erreichen. Mit zahlreichen Eindrücken im Gepäck passieren wir das „Dornröschen der Mosel“. Der schmucke, kleine Weinort Beilstein am Fuße der Burgruine Metternich wirkt mit seinen blumengeschmückten Fachwerkhäusern, romantischen Innenhöfen und Plätzen wie eine Filmkulisse – und war es auch, so tanzte einst Heinz Rühmann in „Wenn wir alle Engel wären“ die Treppen hinunter. Leider tummeln sich in den verwinkelten Gässchen viele Besucher, die kaum noch den freien Blick auf das Kopfsteinpflaster erlauben. Wohl dem, der einen Platz in einem der zahlreichen kleinen Cafés oder hoch oben bei der Klosterkirche St. Joseph ergattert und dem Treiben zuschauen kann. Anschauen sollte man sich das mittelalterliche Gesamtensemble, das unter Denkmalschutz steht, aber unbedingt.

Cochem sollte man nicht links liegen lassen. Wer darauf zu radelt, weiß warum: eine bunte Häuserzeile vor der Mosel und die prächtige Reichsburg mit ihren Erkern und Zinnen im neugotischen Stil aus dem 19. Jahrhundert.

Cochem – Postkartenidylle

Nächster Stopp: Cochem. Der Stellplatz an der Nordbrücke eignet sich perfekt für die Stadtbesichtigung. Tagsüber kostenpflichtig ist das Übernachten hier kostenlos, wenn auch direkt neben der vielbefahrenen Straße. Alternativ ist unweit von hier über der Brücke der Campingplatz empfehlenswert.

Wenn ein Ort das viel zitierte Prädikat „malerisch“ verdient, dann Cochem. Wer sich den Weg hinauf zur Burg sparen möchte, sollte zumindest den Gang zum Kapuzinerkloster oberhalb des Marktplatzes erwägen oder eine der kleinen Gassen, zum Beispiel „Am Rähmchen“, entlangschlendern. Von hier und dem Plateau vor der Kirche offenbaren sich schöne Blicke auf die Burg und die lebendige Kleinstadt mit reicher historischer Bausubstanz.

Burg Eltz – versteckte Märchenburg

Zum Schluss der Tour wird es märchenhaft. Ihr Erscheinungsbild und ihre versteckte Lage auf einem Felsen im Tal üben eine Faszination aus, die schwer in Worte zu fassen ist; daher die Burg Eltz unbedingt anschauen und selbst ein Urteil fällen! Ziel ist allerdings nicht der offizielle Parkplatz (acht Euro für ein Reisemobil) der Burg Eltz, sondern der Stellplatz am Wanderparkplatz auf der quasi gegenüberliegenden Seite des Tals. Der Platz besitzt keine Serviceeinrichtungen, ist dafür aber ruhig, idyllisch und günstig.

Hier, genauer gesagt in Lehmen, endet unsere Genuss- Tour entlang der Mosel. Wichtigste Erkenntnis: Die Region ist perfekt auf mobile Reisende eingestellt. Fast jede Gemeinde hat eigene Stellplätze und auch Campingplätze sind zahlreich. Ob Wandern, Radoder Schifffahren – die Möglichkeiten, die abwechslungsreiche und landschaftlich wunderschöne Moselregion zu erkunden, sind vielfältig, und das Beste: In quasi allen Moselorten gibt es einen guten Tropfen ins Glas. Eine wundervolle Kombination, die für jeden und jedes Alter etwas bietet.

Übrigens: Richtung Rhein wartet das sehenswerte Koblenz. Wer von Römern und Wein noch nicht genug hat, nimmt den Stellplatz-Check entlang der Limesstraße zur Hand und fährt weiter. Aber das ist eine andere Geschichte.

Galerie: Wohnmobilstellplätze an der Mosel im Stellplatzcheck

Redaktion
Philipp Pilson
Philipp Pilson ist seit Oktober 2018 bei Reisemobil International und Experte für Praxis & Zubehör, Reisen und Social-Media.
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