> Dethleffs Globebus T6 (Fiat Ducato) vs. Hymer Tramp S 585 (Mercedes-Benz Sprinter)

Jäger oder Gejagter?

20.04.2022
Text: Juan Gamero | Bild: Heiko Paul, Simon Ribnitzky, Mirko Setzer

Der Mercedes-Benz Sprinter macht dem Fiat Ducato mächtig Druck. Kann der jüngst überarbeitete Basisfahrzeug-Bestseller bei Fahrkomfort und Fahrdynamik wieder mithalten?

Jahrzehntelang hat der Transporter aus Italien herausragende Dienste für die Camping-Branche geleistet, war gleichermaßen zuverlässig wie günstig. Kurzum: Der Fiat Ducato hat die Branche groß gemacht. Mercedes-Benz führte damit verglichen im Bereich Caravaning ein Schattendasein, ob der höheren Preise in aller Regel Markenherstellern im Premium-Segment vorbehalten. Die Zeiten jedoch, sie ändern sich. Mittlerweile haben moderne Assistenzsysteme wie Seitenwindassistent, Verkehrsschilderkennung und Notbremsassistent den Weg in den Nutzfahrzeugbereich gefunden. Hier setzte der Sprinter neue Maßstäbe, doch jüngst hat Fiat mit dem Ducato nachgezogen.

Zum Pkw-Cockpit des Sprinter hat der Italiener jedoch nicht aufgeschlossen. Das Sprinter-Lenkrad steht steil wie im Pkw, nicht transportertypisch flach wie im Ducato. Außerdem lässt es sich horizontal und vertikal verstellen, das Fiat- Volant stellt sich der Camper lediglich vertikal zurecht. Auch sitzt man im Sprinter tiefer hinter dem Steuer, sodass größer gewachsene Reisemobilisten nicht wie im Ducato auf die obere Kante der Windschutzscheibe schauen müssen.

So weit so gut. Doch wie steht es im direkten Vergleich um die Fahrwerksdynamik und damit einhergehend um Fahrkomfort und die Sicherheit? Diese Frage steht in diesem Vergleich im Zentrum der Betrachtung. Kurzum: Wie fahren sich ausgewachsene Reisemobile auf Sprinter und Ducato?

FahrzeugDethleffs Globebus T6Hymer Tramp S 585
ChassisFiat Ducato TiefrahmenchassisMB Sprinter Leiterrahmen
L x B698 x 220 cm709 x 229 cm
Radstand380 cm392 cm
VA-FederungMcPherson / Fiat OriginalMcPherson / MB Original
HA-FederungStahl-Blattfeder (einlagig)Stahl-Blattfeder (zweilagig)
Motor2,2 l, 2.184 cm3, 118 kW/160 PS2,0 l, 1.950 cm3, 125 kW/170 PS
AntriebFrontFront
Getriebemanuell Sechsgang (Serie)9-Gang-Automatikgetriebe (Option)
Spurweite vorne/hinten182 / 180 cm175 / 198 cm
min. Bodenfreiheit30,7 cm25,6 cm
Überhang vorne/hinten98 / 223 cm100 / 216 cm
Bereifungvorn und hinten: 215/75 R 16 C
Michelin Winter Agilis Camping
vorn und hinten: 225/75 R 16 CP
Continental VanContact Camper M+S
Luftdruck5,5 / 5,5 bar4,1 / 5,5 bar
Achslast VA/HA1.414 kg / 1.396 kg1.496 kg / 1.560 kg
Achslast vorne/hinten beladen1.624 kg / 1.880 kg1.674 kg / 1.862 kg

Reisemobil International ist dieser Frage nachgegangen und hat dazu zwei ähnliche Teilintegrierte gegenübergestellt: Den 6,98 Meter langen Dethleffs Globebus T6 auf Fiat Ducato Multijet 3 mit dem in der Branche weit verbreiteten Werkstiefrahmenchassis, Turbodiesel mit 118 kW/160 PS (3.249 Euro Aufpreis), Frontantrieb, Sechsgang-Schaltgetriebe und 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse. Preis: 60.399 Euro. Zweiter Kandidat ist der 7,09 Meter lange Hymer Tramp S 585 auf Mercedes-Benz Sprinter 417 CDI mit klassischem Leiterrahmen, Turbodiesel mit 125 kW/170 PS (3.380 Euro Aufpreis), Frontantrieb, 9-Gang-Automatikgetriebe (2.790 Euro Aufpreis) und 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse. Preis: 73.990 Euro.

Um festzustellen, ob die Teilintegrierten im Fahrbetrieb signifikante Unterschiede offenbaren, unterzieht Reisemobil International beide Fahrzeuge zusammen mit Fahrwerksspezialist Al-Ko ausgedehnten Fahrversuchen und technischen Messungen. So läuft der Test ab: Die Probanden (Bereifung Dethleffs: Michelin Winter Agilis Camping, 225/75 R 16 C, 5,5 bar vorn, 5,5 bar hinten; Bereifung Hymer: Continental VanContact Camper M+S, 225/75 R 16 CP, 4,1 bar vorn, 5,5 bar hinten) werden mit Sandsäcken bis an die zulässige Gewichtsgrenze beladen.

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Danach geht es zunächst auf Überland- und Autobahnfahrt, dann auf das Versuchsgelände im schwäbischen Markbronn. Um die Akustik der Testfahrzeuge zu ermitteln, erfassen elektronische Messgeräte die Schallpegel im Innenraum bei der Fahrt über die genormte Kopfsteinpflaster- Strecke (Belgisch Block).

Die ermittelten Daten sprechen in diesem Vergleich klar für den Sprinter: Der Hymer Tramp S ist sowohl auf der Autobahn und insbesondere auf Kopfsteinpflaster deutlich leiser als der Dethleffs Globebus T6 (siehe Daten auf Seite 28).

Die in speziellen Versuchen gemessene Torsionssteifigkeit der beiden Karosserien ergibt leicht bessere Werte für den Hymer auf Sprinter. Eine hohe statische Torsionssteifigkeit bildet die wesentliche Voraussetzung für eine gute Fahrdynamik. Bei der Fahrt durch den 18 Meter langen Slalom-Parcours und die genormte VDAAusweichgasse (Elchtest) kurvt der Ducato subjektiv agiler um die Pylonen, auch wenn der Sprinter tatsächlich um einen Wimpernschlag schneller unterwegs ist. Dem Fiat kommt hier seine neue, präzise elektromechanische Servolenkung zugute, die auch Voraussetzung für moderne Assistenzsysteme ist. In beiden Fällen greift das ESP frühzeitig ein, wobei beide Probanden zum gutmütigen Übersteuern neigen. Grund: die langen Hecküberhänge.

In der Testkategorie Komfort, bei der die Frequenzen der Auf- und Abbewegungen auf den vorderen und hinteren Sitzen bei der Fahrt über das Kopfsteinpflaster ermittelt werden, hat der Sprinter wiederum deutlich die Nase vorn. Die Vorderachse des Ducato kommt hier auf einen Vergleichswert von 2,43, die des Sprinter auf 1,88. Dabei gilt: je niedriger der Wert, desto komfortabler die Federung.

Die subjektiven Fahreindrücke können oftmals von dem objektiv ermittelten Zahlenwerk abweichen. Hier macht der Ducato mit dem raueren Motorengeräusch im Fahrbetrieb den agileren und sportlicheren Eindruck und vermittelt so etwas wie Fahrspaß. Die hart gefederte Hinterachse trübt jedoch den Fahrkomfort. Die überarbeite Ducato-Vorderachse ist nicht mehr ganz so hart gefedert wie die des Vorgängers.

Wesentlich kultivierter gibt sich hingegen die Sprinter-Basis des Hymer Tramp S 585. Das Fahrwerk ist deutlich weicher gefedert, was dem Fahrer im Zusammenspiel mit der leichtgängigen Servolenkung ein deutliches Plus an Komfort beschert. Für Gewichtsbewusste gibt es optional 16 Kilogramm leichtere GfK-Blattfedern. Auch Fiat bietet diese Option, die beim Ducato 14 Kilogramm spart.

Die ermittelten Messwerte sowie die subjektiven Fahreindrücke zeigen: Der Mercedes-Benz Sprinter ist das deutlich komfortablere Basisfahrzeug – bei Federungs- wie Geräuschkomfort.

Bei Fahrdynamik und -stabilität geben sich beide Kandidaten keine Blöße. Subjektiv wirkt der Ducato agiler, liegt satter auf dem Asphalt, gibt sich sehr fahrsicher. Nach Messwerten fährt der Sprinter jedoch ebenso sicher, bei deutlich mehr Komfort und einer für große Fahrer angenehmeren Sitzposition.

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Wie sich der Fiat Ducato und der Mercedes-Benz Sprinter im Test schlagen, erfahren Sie in der Mai-Ausgabe 2022 von Reisemobil International.

Redaktion
Juan Gamero
Juan Gamero ist seit Juli 1991 bei der Reisemobil International. Er testet Reisemobile & Co. und ist Experte für Technik.
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