> Bürstner Lyseo Gallery

Sesam öffne dich

01.05.2023
Bild & Text: Simon Ribnitzky

Alkoven oder Teilintegrierer? Der innovative Bürstner Lyseo Gallery will die Vorteile beider Fahrzeuggattungen verbinden. Jetzt geht der Klapp-Alkoven in Serie. Erster Test.

Es war bei der ersten Präsentation vor rund zwei Jahren eine Sensation: Bürstner zeigte ein nie dagewesenes Konzept, ein Teilintegrierter mit einem aufblasbaren Klapp-Alkoven über dem Fahrerhaus, genannt Bürstner Lyseo Gallery. Das Konzept: beim Fahren windschnittig wie ein Teilintegrierter, im Wohn-Modus mit aufgestelltem Alkoven ein großzügiges Doppelbett über dem Fahrerhaus mit richtig viel Kopffreiheit. Schon allein optisch machte der Gallery mit aufgestelltem Dach eine Menge her.

Seither arbeiteten die Bürstner-Entwickler mit Hochdruck an den noch offenen technischen Fragen. Nach mehrfach verschobenen Serienstart ist es nun so weit: der Bürstner Lyseo Gallery ist bestellbar. Reisemobil International konnte das Fahrzeug bereits einem ersten Test unterziehen.

Für die Probefahrt stand ein Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G zur Verfügung. Das 6,90 Meter lange Mobil auf Fiat Ducato mit 140-PS-Turbodiesel und Sechsgang-Schaltgetriebe steht mit einem Grundpreis von 91.750 Euro in der Preisliste. Der Grundriss zeichnet sich durch ein großes Heckbad über die gesamte Fahrzeugbreite aus. Zweites Modell im Gallery-Angebot ist der TD 649 G mit Rundsitzgruppe im Heck. Für das 6,99 Meter lange Fahrzeug gibt es optional ein Hubbett über der Sitzgruppe, so dass vier Schlafplätze breitstehen. Beim getesteten TD 689 G bleibt es bei zwei Schlafplätzen im Alkoven.

Der Alkoven öffnet auf Knopfdruck

Los geht’s, wir öffnen den Klapp-Alkoven. Auf Knopfdruck am Bedienpanel beginnt ein Kompressor, die Luftkammern der flexiblen Seitenwände zu füllen. Das funktioniert vollautomatisch, außer dem Knopfdruck ist kein manuelles Entriegeln oder ähnliches nötig. Nach rund 90 Sekunden schaltet der Kompressor ab, das Dach ist aufgestellt.

Die flexiblen Seitenwände bestehen aus einem robusten Gewebe. Durch die mit Luft gefüllten Kammern dürfte die Isolierung deutlich besser sein als bei einem klassischen Aufstelldach mit Zeltstoff. Bürstner verweist auf erfolgreich bestandene Tests in der Klimakammer. Dabei wurde zum Beispiel ein Sturm bis zur Orkanstärke simuliert und eine Schneelast von 1,5 Meter auf dem Dach.  Getestet wurde bei Temperaturen von minus 30 bis plus 80 Grad Celsius.

Bildergalerie

Breite Treppe führt zum Schlafzimmer im Alkoven

Zurück im Innenraum: Über eine 50 Zentimeter breite, fest installierte Treppe auf der Beifahrerseite gelingt er Aufstieg in den Alkoven ohne Probleme. Toll: das optionale, riesige Dachfenster im Alkoven lässt viel Licht und bei Bedarf auch Luft hinein. Die Höhe über der Matratze (200 mal 150 Zentimeter groß) beträgt üppige 117 Zentimeter – weit mehr als in klassischen Alkoven-Fahrzeugen üblich ist.

Somit herrscht auch dann genügend Kopffreiheit, wenn der Camper an dem im Oberstübchen integrierten Schreibtisch sitzt. Die Beine baumeln dann über der Sitzgruppe, was auf Dauer nicht wirklich bequem ist. Dafür sitzt man besser an der Sitzgruppe, die mit L-Bank, drehbaren Fahrerhaussitzen und einem recht großen Tisch (85 mal 65 Zentimeter) aufwartet.

Im mittleren Fahrzeugteil gegenüber der Aufbautür befindet sich die Küche, die jede Menge Stauraum und viel Arbeitsfläche bereithält. Zudem herrscht vor der längs angeordneten Küchenzeile richtig viel Bewegungsfreiheit. Hier macht sich der Grundriss ohne festes Bett im Wohnraum bezahlt. Und anders als bei Teilintegrierten mit diesem Grundriss, bei denen das abgesenkte Hubbett über der Sitzgruppe diese unbenutzbar macht, lassen sich Sitzgruppe und Alkoven-Bett im Lyseo Gallery problemlos gleichzeitig nutzen – noch dazu räumlich weitestgehend getrennt.

Großes Bad mit riesigem Kleiderschrank

Ein Prunkstück des Grundrisses stellt auch das Badezimmer dar, denn es reicht über die gesamte Fahrzeugbreite, bietet eine separate Duschkabine ohne störendes Radkastenpodest und einen riesigen Kleiderschrank über der Heckgarage, womit das Bad auch zum Ankleidezimmer wird.

Beim Fahren gibt sich der Lyseo Gallery als klassischer Teilintegrierter. Eine erhöhte Empfindlichkeit für Seitenwind, wie bei herkömmlichen Alkoven oft zu beobachten, zeigte sich nicht. Wie groß der Vorteil beim Verbrauch im Vergleich zum weniger windschnittigen Alkoven ausfällt, muss ein späterer ausführlicher Test zeigen.

Die bislang verfügbaren technischen Daten des Lyseo Gallery weißen bei der fahrbereiten Masse noch eine Leerstelle aus. Allerdings wird das Fahrzeug grundsätzlich als 3,85-Tonner angeboten, mit Option zur Auflastung auf 4,25 oder 4,4 Tonnen. Ein Leichtgewicht ist der Klapp-Alkoven also sicher nicht. Jüngere Fahrer benötigen deshalb einen Führerschein der Klasse C1.

FAZIT

Der Bürstner Lyseo Gallery ist ein Hingucker. Der aufblasbare Alkoven funktionierte im ersten Test einwandfrei, die Technik erscheint bereits im frühen Stadium ausgereift. Das Konzept schafft maximalen Wohnkomfort mit einem tollen Schlafzimmer über dem Fahrerhaus, das Platz für einen weitläufigen Grundriss mit riesigem Badezimmer lässt – ohne dass ein Hubbett in abgesenktem Zustand die Sitzgruppe blockiert, wie es bei vergleichbaren Teilintegrierten-Grundrissen der Fall wäre.

Als Konkurrenten kämen klassische Alkoven-Fahrzeuge in Betracht – die setzten aber meist auf Familien-Grundrisse mit zusätzlichen (Stock-)Betten. Für Paare dürfte sich alternativ der Blick auf einen Integrierten lohnen. Denn auch hier bleibt bei abgesenktem Hubbett über dem Fahrerhaus die Sitzgruppe frei und es entfällt die aufwändige Dach-Mechanik. Preislich reißt der Lyseo Gallery mit ein paar Extras schnell die 100.000-Euro-Marke. Somit passt der Vergleich zum Integrierten auch in dieser Hinsicht.

Technische DatenBürstner Lyseo Gallery TD 689 G
Länge6,90 m
Breite2,30 m
Höhe2,99 m
Radstand4,04 m
BasisfahrzeugFiat Ducato, 140 PS
Zul. Gesamtmasse3.850 kg
Bettenmaß Alkoven200 x 150 cm
Kühlschrank142 l
Frischwasser100 l
Abwasser90 l
Grundpreis91.750 €
Testwagenpreis119.192 €
Redaktion
Simon Ribnitzky
Simon Ribnitzky ist seit August 2019 Teil des Teams der Reisemobil International und wurde 2022 Chefredakteur.
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