Das Raumgefühl im getesteten Carthago Chic C-Line I 4.9 LE profitiert zudem von den umlaufenden Dachstauschränken über Wohnsitzgruppe und dem Fahrerhaus sowie großen Panorama- Dachfenstern. Dafür entfällt das Hubbett – bei einer Zweierbesatzung also eine durchaus mögliche Variante.
Die mit Leder bezogenen, straff gepolsterten Vordersitze machen beim Probesitzen einen guten Eindruck. Aber schon beim gemäßigten Kurvenfahren bieten sie keinerlei Seitenhalt. Vor allem kleine Personen rutschen unsicher hin und her, da helfen auch die Armlehnen links und rechts nichts. Klar, auf langen Autobahnetappen stellt dies kein Problem dar, im Hinterland wird es schnell störend.
Deutlich komfortabler als beim Ducato empfinden die Tester die Vorderachse des frontgetriebenen Sprinters. Querrillen der Autobahn kommen auf den Vordersitzen nur gemäßigt an, heftige Stöße bleiben selbst auf schlechten Landstraßen aus. Was das Fahrwerk mit der Al-Ko- Hinterachse nur wenig dämpft, sind die Vibrationen von Pflastersteinen. Diese regen die Karosserie zum Zittern an, was der Möbelbau mit Klappern quittiert. Die Servolenkung, bedient durch das kleine, mit Leder bezogene Lenkrad, arbeitet leichtgängig und präzise. Sie lässt keine Wünsche offen, ebenso wenig wie die Anordnung der übrigen Schalter und die Bedienung der Neungang-Wandlerautomatik. Sie sortiert die Gänge schnell mit kaum merklichen Schaltpausen und geringer Zugkraftunterbrechung. Manuelles Eingreifen ist absolut überflüssig.
Der 177 PS starke Vierzylinder-Turbodiesel treibt den 4,5-Tonner zügig voran. Bei Reisemobil-adäquater Fahrweise reicht seine Leistung dicke aus. An Autobahnsteigungen zieht der Carthago locker an Lkw-Kolonnen vorbei, selbst wenn er gut geladen ist. Der Vierzylinder klingt beim Beschleunigen allerdings kernig – ein besser gedämpftes Motorgeräusch würde den Komfort steigern. Der Verbrauch der 177-PS-Maschine liegt bei rund 11 Liter Diesel auf 100 Kilometer – bei moderater Fahrweise. Entscheidend sparsamer ist der 4,5-Tonner kaum zu bewegen.
Auf der Autobahn erweist sich der aktive Abstandassistent (Distronic) samt Bremsassistent als nützliches Extra. Ist der Abstand zum Vordermann und die gewünschte Maximalgeschwindigkeit eingestellt, hält der Sprinter beides, je nach Verkehrslage, zuverlässig bis zum Stillstand ein. Ein Vorteil zum Tempomat, der bei wechselnden Geschwindigkeiten des Vordermanns immer wieder nachjustiert werden muss.
Verbessert hat Mercedes-Benz mittlerweile den Spurhalteassistenten. Aktiviert hindert er das Mobil, mittels einseitigem Bremseingriff weiße Linien zu überfahren. Der Bremseingriff ist zwar noch zu spüren, aber die gefühlten Vollbremsungen der ersten Modelle sind passé. Gerade auf schmalen Straßen lassen die Tester ihn aber meistens abgeschaltet, da der 2,27 Meter breite Carthago die rechte Seitenlinie öfters absichtlich touchiert. Als große Hilfe zeigt sich auch das stark nach vorne abfallende Armaturenbrett. Dadurch ist bereits knapp vier Meter vor dem Mobil die Straße zu sehen – ein wichtiger Sicherheitsaspekt.
Auf die automotive Einbindung des originalen Sprinter-Cockpits in den breiten Wohnaufbau des Integrierten legt Carthago großen Wert. Sorgfältig eingepasste Kunststoff-Formteile statt wilder Holzkonstruktionen sorgen für eine hochwertige Anmutung. Da bleibt nur ein einziger Wunsch offen: Nach einem besseren Platz für die Rückfahrkamera. Sie sitzt zu tief. Der perfekt platzierte MBUX-Bildschirm bietet sich dagegen fürs Drauflegen des Kamera-Signals geradezu an.