> Falträder im Kurzcheck

Klein, aber flott

30.09.2021
Text: Karsten Kaufmann | Bild: K. Kaufmann / Hersteller

Klein sollen sie sein, leicht, aber dennoch einen gewissen Fahrkomfort besitzen. Falträder sind gerade für Wohnmobilisten eine praktische Alternative zu konventionellen Drahteseln, da sie wenig Platz in der Garage in Anspruch nehmen.

Drei Falträder im Kurz-Check:

E-Faltrad: NCM Paris Plus

Das geht ja mal flott: Mit wenigen Handgriffen ist das Paris Plus von Leoncycle völlig problemlos aufgefaltet. Pedale noch ausklappen, Sattel- und Lenkerhöhe justieren und los geht’s. Moment, die Elektronik muss via Schlüssel am Akku noch aktiviert und am Bedienteil am Lenker eingeschaltet, die Unterstützungsstufe vorgewählt werden. Jetzt aber…

Kurz nach dem ersten Druck ins Pedal schiebt der Motor an, schon ab Unterstützungsstufe „vier“ – sechs sind es im Ganzen – mit ordentlich Schub. Wichtig dabei: Der Gang sollte schon beim Stoppen passend eingelegt worden sein, ist dieser hoch, zeigt sich der Motor ein wenig unwillig. Die Unterstützung des Heckmotors ist mit der eines herkömmlichen Pedelecs nicht zu vergleichen. Während am Pedelec der Motor die investierte Kraft des Fahrers nur ergänzt, aktiviert beim Paris Plus die Kurbeldrehung den Motor, unabhängig davon, wie kräftig der Fahrer ins Pedal tritt. Gefühlt ein bisserl mehr Moped- als Fahrradfahren – nicht immer setzt der Schub dabei harmonisch ein, regelt hin und wieder unerwartet runter.

Die Gänge wechselt der Pilot via Drehgriffschalter, das Shimano-Tourney- Schaltwerk wuchtet die Kette dabei verlässlich aufs passende Ritzel. Die Schaltkomponenten sind ebenso wie die hydraulischen Tektro-Scheibenbremsen (Serie mechanisch) qualitativ eher im Einstiegssegment angesiedelt, machen aber ihren Job. Für guten Komfort sorgen die dicken Schwalbe-2,0er- Reifen auf 20-Zoll-Felgen und die ergonomischen Lenkergriffe, der Sattel hingegen wollte so zu keinem Tester passen. Wenig überzeugend: die RST-Federgabel, die völlig ungedämpft wieder ausfedert.

Mit 540 Wattstunden im Akku hinterm Sitzrohr sind auch ausgedehntere Touren möglich, selbst mit maximaler Unterstützung schaffen schwere Fahrer auch im hügeligen Terrain mindestens 40 Kilometer, leichtere bei weniger Motorschub auch mal die doppelte Distanz. Um den Akku flott entnehmen zu können, lässt sich der Sattel nach vorne kippen. Mit gewogenen 23,9 Kilogramm ist das London kein Leichtgewicht, Gepäck und Fahrer dürfen zusammen übrigens nicht mehr als 100 Kilogramm auf die Waage bringen. Wer das Paris Plus im Camper verstauen möchte, sollte 90 mal 70 mal 50 Zentimeter Platz dafür einplanen.

Der Preis für das Basismodell beläuft sich auf 1.279 Euro, die Plus-Variante im Test kostet 1.779 Euro. Erhältlich ist das Paris im Onlineshop oder in einem der beiden Stores in Hannover und München.

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Kwiggle Faltrad

Kleiner geht kaum: Ist das Kwiggle zusammengefaltet, verschwinden gleich fünf davon (Packmaß 55 x 40 x 25 cm) völlig problemlos in den Hecksteckraum eines Pössls. Das ist mal ein Ding. Das Teil ist sogar klein genug, um bei einigen Airlines als Handgepäck durchzugehen. Schon vor dem Praxistest steht fest: Das Kwiggle könnte ein probates Beiboot – nicht nur für kompakte Camper – sein. Doch dazu fehlt noch eine Erfahrung: Wie fährt sich der Winzling? Wenn man Entwickler Karsten Bettin glaubt: ganz entspannt, doch völlig anders. Und da Testredakteure selten glauben und lieber probieren, trifft sich Karsten Kaufmann von Reisemobil International mit Bettin und schwingt sich selbst in den Sattel eines Kwiggles.

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Tatsächlich ist schon das „In-den-Sattel-schwingen“ beim Anfahren eine ungewohnte Übung, denn einfach draufsitzen und losfahren is nicht – das muss parallel gelingen. Ist die erste Übung erfolgreich absolviert, sitzt man unerwartet aufrecht, aber komfortabel auf dem nur 70 Zentimeter kurzem Kwiggle (Radstand), greift einen sehr schmalen Lenker und muss auf ganz ungewohnte Weise Hüfte und Hände locker machen, um den Sattel frei pendeln zu lassen und sich nicht gleichzeitig am Lenker zu verkrampfen. Entspannung ist auf den ersten Kilometern? Keine Spur. Erst nachdem Bettin die Sattelhöhe mehrfach nachkorrigiert und erste Übungskilometer abgespult sind, spielen sich Gehirn, Synapsen und Körper plötzlich auf das dynamische Konstrukt ein.

Die Hüfte schwingt beim Pedaldruck locker zur Seite und bringt den Piloten in eine äußerst ergonomische Trittposition, der anfangs gefühlt viel zu schmale Lenker passt plötzlich erstaunlich gut. Da kommt Laune auf. Flott geht’s vorwärts, an Engstellen dreht Kwiggle quasi auf der Stelle. Bettin sollte recht behalten: völlig anders und erstaunlich erheiternd. Das sehen auch Kollegen und Passanten so, die uns im Sattel der ungewöhnlichen Vehikel hinterherstaunen. Doch Obacht: Wer auf winzigen 12-Zoll- Rädchen, kurzem Radstand und steilem Lenkwinkel unterwegs ist, sollte die Augen aufhalten nach Schlaglöchern und fiesen Bordsteinkanten. Sie können für Kwiggle-Piloten unüberwindbare Hürden darstellen. Ansonsten: solide Schaltung, hochwertige Ausstattung, überzeugende Qualität – Eckdaten, die für sich sprechen.

Das Kwiggle passt für Personen von etwa 1,35 bis 1,95 Metern Größe. Preislich startet das Kwiggle bei 1.280 Euro.

Tern BYB P8

Wenig Platz in der Heckgarage oder unterm Kastenwagen-Heckbett und ein Fahrradträger kommt – aus welchen Gründen auch immer – nicht infrage? Dann könnte das BYB P8 von Tern die Lösung sein, um nicht auf Fahrräder verzichten zu müssen. Denn das BYB ist zusammengefaltet um 30 Prozent kleiner als bisherige 20-Zoll-Falträder von Tern. Lediglich 35 mal 81 mal 52 Zentimeter misst es, passt so selbst in Schließfächer und Schränke und lässt sich wirklich überall problemlos verstauen. Dafür steht auch sein Name: BYB ist die Abkürzung von „Bring your bike“ – was sinngemäß so viel bedeutet wie „Bring dein Rad überall mit hin“.

Der nächste Pluspunkt: Lediglich 30 Sekunden soll es laut Hersteller dauern, um das Fahrrad komplett zusammenzufalten. Ebenfalls praktisch: die integrierten Transportrollen an der Gepäckträgeraufnahme. Auf diesen lässt sich das Rad im zusammengefalteten Zustand ganz einfach schieben und transportieren. Geeignet ist das Tern-Faltrad für Fahrer mit einer Körpergröße zwischen 1,47 und 1,95 Meter, es wiegt 14,3 Kilogramm und kann mit bis zu 105 Kilogramm belastet werden. Zur Ausstattung gehören unter anderem eine Shimano-8-Gang-Schaltung, eine komplette StVO-Beleuchtung inklusive Nabendynamo, zwei Scheinwerfern und einem LED-Rücklicht, Schwalbe-Reifen, Klingel, Kettenschutz, Ständer und Schutzbleche.

Das Tern BYB P8 ist ab 1.499 Euro erhältlich.

Redaktion
Karsten Kaufmann
Karsten Kaufmann ist seit 2007 bei der Reisemobil International und ist Experte für Praxis und Zubehör.
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