> Wohnmobil verschiffen: Infos und Praxistipps vom Experten

Ratgeber: Das eigene Reisemobil verschiffen lassen

12.04.2023
Text: Philipp Pilson | Bild: Overlander Shipping

Wie wird ein Reisemobil verschifft und welche Ziele in Übersee sind besonders gefragt? Der Geschäftsführer von Overlander Shipping gibt im Interview Infos und Tipps zum Thema. Und er hat einen Rat für das eigene Kennzeichen im Ausland.

RMI: Herr Gomes, was ist die Aufgabe einer Agentur wie Overlander Shipping? Unser primäres Ziel ist, die Verschiffung für Reisende so einfach wie möglich zu gestalten, damit der Camper ohne Stress und Hindernisse seine Reise starten kann.

RMI: Im eigenen Reisemobil nach Übersee: Was gibt es bei einer Verschiffung zu beachten? Zuerst sollte die Route ungefähr feststehen und klar sein, ob es für Start und Ziel eine Schiffsverbindung gibt.

RMI: Was unterscheidet eine Roll-on/Roll- off-(Ro-Ro-)Verschiffung von der Verschiffung im Container? Bei der Ro-Ro-Verschiffung fährt das Reisemobil über eine Brücke in das Schiff. Hier stehen sie auf unterschiedlich hohen Decks, ähnlich wie in einem Parkhaus, festgemacht am Boden. Ro-Ro ist die günstigere Variante und ohne Höhen- sowie Längenbeschränkung für alle Reisemobile möglich. Container sind dagegen mit Mehrkosten verbunden, da hier Transport und Verladung per Lkw und Hafenkran bezahlt werden müssen.

Ricardo Gomes von Overlander Shipping
Foto: Overlander Shipping

RMI: Mal abgesehen von diesen technischen Fragen: Wo liegen die Vor- und Nachteile der Transportarten? Im Container sind fast alle Routen möglich, bei einer Ro-Ro-Verschiffung sind sie meist von der Neufahrzeugindustrie abhängig. Oft gibt es nur eine One-Way-Ro-Ro-Verbindung, da die Schiffe weiter nach Asien oder Ozeanien fahren.

RMI: Passen normale Reisemobile überhaupt in einen Container? Container lohnen sich eher für Offroad-Campingfahrzeuge wie einen Land Rover Defender 110 und Busse wie den VW T6, da die Einfahrtshöhe beim 40-Fuß-Highcube maximal 2,58 Meter beträgt. Günstiger ist das Container-Sharing, wobei zwei Fahrzeuge in einen 40-Fuß-Highcube geladen und die Kosten geteilt werden.

Kurz & knapp: Ro-Ro vs. Container

Roll-On/ Roll-OffContainer
+ kostengünstig (da nur via Rampe)+ größere Auswahl an Verschiffungsrouten
+ Preis richtet sich nach den Maßen des Fahrzeugs+ Sicherheit vor Einbrüchen
+ flexibel: Jeder Camper möglich – egal wie hoch, breit, lang oder schwer+ Container Sharing (Kostenteilung) möglich
+Mitfahrt an Bord selten und teuer, aber möglich- Höhenbegrenzung der 20- oder 40-Fuß-Container: 2,59 Meter (6,06 / 12,2 m lang)
- nur für kleinere Camper, Bullis, Pick-Ups mit Wohnkabine, Expeditionsfahrzeuge

RMI: Welche internationalen Verbindungen sind besonders beliebt? Am beliebtesten sind die Ro-Ro-Verbindungen von Hamburg/Antwerpen nach Halifax/Kanada, Baltimore/USA sowie nach Montevideo/Uruguay. Das sind die häufigsten Start- und Endpunkte der Panamericana. Dicht gefolgt von Bremerhaven/ Zeebruegge nach Cartagena/Kolumbien oder Bremerhaven nach Veracruz/Mexiko. Auch sehr beliebt ist die Verbindung von Bremerhaven nach Port Elizabeth/Südafrika. Sie funktioniert nach wie vor in beide Richtungen. Auch Rundfahrten durch die USA sind sehr gefragt, Start in Halifax, Ende in Houston, Texas oder Jacksonville, Florida. Bei unseren Kunden stehen aber auch Hamburg-Montevideo im 40-Fuß-Highcube-Sharedcontainer sowie von Hamburg nach Walvis Bay/Namibia, Kapstadt/Südafrika oder Mombasa/Kenia hoch im Kurs.

RMI: Gibt es auch Länder, die schwerer zu erreichen sind? Leider gestalten sich Verschiffungen nach Neuseeland und Australien sehr schwer wegen der Einfuhrbestimmungen dort, Stichwort Reinigung und Behandlung der Fahrzeuge. Verschiffungen größerer Reisemobile, die nicht in einen Container passen, gestalten sich sehr schwer von West- und Ost-Afrika zurück nach Europa oder in den Nahen Osten. Und: Wer zum Beispiel die Panamericana fahren möchte, sollte wissen, dass es zwischen Panama und Kolumbien einen blinden Flecken auf der Karte gibt, den sogenannten Darien Gap. Dort gibt es keine Straße, deshalb ist hier eine Umschiffung notwendig. Meist ist die fast so teuer wie von Europa nach Amerika – bei nur ein bis zwei Tagen Fahrt.

Muss passen: Ausgebaute Kastenwagen werden oft in Containern verschifft. Damit steht ihnen die ganze Welt offen, es fallen aber zusätzliche Kosten an.
Foto: Overlander Shipping

RMI: Was kostet eine Verschiffung? Es kommt auf die Größe des Fahrzeugs an, da die Frachtrate nach Kubikmetern abgerechnet wird. Der Transport nach Halifax kostet für einen VW T4 etwa 2.000 Euro pro Weg, für einen Fiat Ducato-Kastenwagen oder Hymer-Integrierten je nach Größe um die 3.000 bis 4.000 Euro und für ein Expeditionsmobil auch mal 5.000 Euro oder mehr. Ein 40-Fuß-Container nach Montevideo kostet etwa 5.000 Euro, geteilt 2.500 Euro pro Fahrzeug, plus lokaler Kosten von 1.200 Euro pro Fahrzeug.

RMI: Wie lange dauert eine Verschiffung? Eine Verschiffung etwa nach Nordamerika dauert an die Ostküste zwischen 14 Tagen nach Halifax und 21 Tagen nach Houston. Dazu kommt die Abgabe in Deutschland zwischen zwei und sieben Werktage vor Abfahrt. In Halifax sollten Urlauber 48 Stunden nach Schiffsankunft mit der Zollfreigabe und Abholung des Fahrzeugs rechnen. In den USA kann es zwei bis sogar sieben Werktage dauern, je nach Ermessen des Zollbeamten. Nach Montevideo dauert es 28 bis 32 Tage.

RMI: Mit wieviel zeitlichem Vorlauf sollte der Urlauber die ganze Sache angehen? Für die Buchung einer Passage und die passenden Versicherungen sollte er sich sechs Monate vor Verschiffung auseinandersetzen, damit spätestens bei Fahrzeugankunft Versicherungsschutz besteht.

RMI: Für eine Verschiffung in die USA müssen im Vorfeld Unterlagen für die touristische Einfuhr des Fahrzeuges vorbereitet und von den Behörden genehmigt werden. Wie funktioniert das? Ein gutes Reisemobil-Verschiffungsunternehmen füllt diese Papiere aus, sodass der Kunde sie nur noch unterschreiben muss. Zudem sollte eine Transportversicherung abgeschlossen werden, die das Reisegepäck mit absichert. Wer nach Afrika oder Asien reisen will, braucht ein Carnet de Passages über den ADAC sowie ein Grenz- und Zolldokument für die vorübergehende zollfreie Einfuhr seines Mobils.

RMI: Wie läuft eine Verschiffung mit einer Agentur wie Overlander ab? Wir beraten bei den Verschiffungsmöglichkeiten und erstellen ein Angebot mit allen Kosten. Dazu gibt es Infos zur Fahrzeugvorbereitung, Vorlaufzeiten und Fahrplänen. Wird ein Containerpartner benötigt, helfen wir bei der Vermittlung. Dazu gehört auch die Risikoberatung zum Thema Sicherheit und die Abwicklung der Zollformalitäten im Drittland. Wir organisieren die Abholung und helfen wegen der Sprachbarrieren bei der Korrespondenz.

RMI: Wo gibt es Haken bei den nötigen Papieren? Wichtig ist die Kfz-Versicherung, da der deutsche Versicherungsschutz in Drittländern, also in Übersee, meist nicht geboten ist. In Afrika ist es sehr schwer, eine Versicherung zu bekommen. Selbst für Nordamerika gibt es nur sehr wenige Anbieter, und nicht alle Fahrzeuge bekommen eine Kasko. In Ländern wie Uruguay oder Argentinien dagegen gibt es die Mercosur Kfz-Versicherung, die lässt sich kurz vor Verschiffung online oder vor Ort abschließen.

RMI: Haben Sie noch einen wichtigen Praxistipp auf Lager? Klar: Die Fahrzeuge müssen in manchen Ländern nicht zugelassen, die Kennzeichen also nicht gestempelt sein. Da Nummernschilder in Südamerika gern geklaut werden, empfiehlt es sich, die Originalkennzeichen nachzumachen und die ungestempelten Kennzeichen in diesen Ländern zu verwenden.

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Redaktion
Philipp Pilson
Philipp Pilson ist seit Oktober 2018 bei Reisemobil International und Experte für Praxis & Zubehör, Reisen und Social-Media.
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