> Soest in Nordrhein-Westfalen

Die mit dem Namen

19.07.2023
Text: Claus-Georg Petri | Bild: Stadt Soest

Fast 1.200 Jahre Stadtgeschichte, Hansestadt und Glanzstück mit mittelalterlich rundem Grundriss: Soest lässt staunen. Unter anderem darüber, wie die Stadt richtig ausgesprochen wird – und was es zum biblischen Abendmahl mit Jesus und seinen Jüngern zu essen und trinken gegeben haben soll.

Ehrlich: Das „oe“ in Soest wird wirklich wie ein langes O gesprochen – das „e“ ist ein westfälisches Dehnungs-E wie in Coesfeld. Sööst dürfen nur Neulinge sagen – ein einziges Mal. Danach heißt es Sooost. So jedenfalls verrät es ein Willkommensgruß der Stadtverwaltung auf einer großen Tafel am Bahnhof in Soest.

Charmant: In der Teichsmühle hat die Tourist-Info ihren Sitz.
Foto: Gero Silwa

Willkommen in der westfälischen Hansestadt sind auch Reisemobilisten. Gleich zwei Stellplätze finden sie, von denen keinen allerdings die Stadt betreibt: Auf dem Parkplatz des Freizeit- und Wellnessbades Aqua-Fun übernachten sie zweieinhalb Kilometer zu Fuß von der zentral gelegenen Tourist-Info in der historischen Teichsmühle entfernt. Der andere Platz am City-Motel ist 750 Meter weit weg. Nichts wie rein also ins Getümmel aus Markt und Mittelalter, Hanse und Heute. Die Gegenwart lässt in Soest die Jahrhunderte lebendig werden in den Fachwerkzeilen, Gassen und Winkeln. Die Stadt atmet Geschichte, schöpft aus einer reichen Vergangenheit, die bis in die jüngere Steinzeit zurückreicht.

Im mittelalterlichen Gefüge Deutschlands spielte Soest als Hansestadt eine entscheidende Rolle – Soester Kaufleute gründeten den mächtigen Städtebund der Hanse entscheidend mit. Der damit verbundene wirtschaftliche Aufschwung zeigt sich bis heute in der Silhouette von Soest, die sich aus bedeutenden Kirchen und Profanbauten bildet. Tipp: Die Bauweise verleiht der Altstadt das Prädikat eines weltweit einmaligen Grünsandstein-Ensembles.

Gediegen: Das viele Fachwerk in der Altstadt zeugt von Reichtum und Bedeutung der Stadt – Soest gründete im Mittelalter die Hanse entscheidend mit.

Die mittelalterliche Stadtumwallung, kurz „Wall“ genant, mit ihren Gräben, den sogenannten Gräften, ist zu zwei Dritteln erhalten. Tipp: Besonders im April und Mai, wenn die Natur erwacht und die Bäume blühen, lädt dieser Teil Soests zu einem reizvollen Spaziergang ein. Da die Stadt über sehr viele Sehenswürdigkeiten verfügt, bietet die Tourist-Info einen Flyer für einen Rundgang an, der sich auf die 20 wichtigsten Stationen beschränkt. Stadtführer indes, sie beginnen ihre Altstadtrundgänge für Einzelpersonen stets samstags um 14:30 Uhr, erklären so viele sehenswerte Stellen wie möglich.

Die Besichtigung beginnt üblicherweise im Zentrum der rund angelegten Altstadt, wo sich ein Ensemble aus gleich mehreren sehenswerten Bauten befindet. Dazu gehört das Rathaus im Barockstil, erbaut 1713 bis 1716. Prägnant ist seine neunbogige Halle an der Westseite über der Sankt Patroklus thront. Nach dem Schutzpatron der Stadt ist der mächtige Turm gleich nebenan benannt. Er heißt auch „Turm Westfalens“, was die Bedeutung Soests unterstreicht. Der romanische Bau entstand nach dem Jahr 965 als Stiftskirche St. Patroklus. Tipp: Im Dom-Museum im Westwerk ist das bedeutende Wurzel-Jesse-Fenster zu sehen, eine Darstellung der Abstammung Jesu. Sehenswert ist außerdem die Apsismalerei von 1200 im Marienchor.

Ehrwürdig: Die St. Petri-Kirche streckt ihren Turm in den Himmel.
Foto: reading

Wenige Schritte weiter, in der Thomästraße, steht die Nikolai-Kapelle aus dem 12. Jahrhundert, gewidmet dem Schutzpatron der Seefahrer und Reisenden. Sie bewahrt eine Altartafel aus der Schule des Meisters Conrad von Soest. Lediglich die Fußgängerzone trennt St. Patrokli von St. Petri, der ältesten Kirchengründung Westfalens. Der historische, heute nicht mehr nachzuweisende Gebäudeteil der Alden Kerke stammt aus dem 8. Jahrhundert. Der Chor von 1277 ist gotischen Ursprungs, während der Turmhelm typisch barocke Züge trägt. Tipp: Die Kaiserempore von 1200 im Langhaus zeugt von bedeutenden Gästen, die einst Soest besuchten.

Um an den Großen Teich mitten in der Stadt zu gelangen, durchqueren Stadtbummler den früher privaten, 2018 neu gestalteten Theodor-Heuss-Park. Tipp: Er gilt als Erholungsoase und Ruhezone mitten im Trubel der Stadt. Den Norden der Altstadt markieren die Türme von St. Maria zur Wiese (Wiesenkirche) von 1313, einer der schönsten spätgotischen Hallenkirchen Deutschlands. Außer bedeutenden Tafelmalereien aus dem 14. und 16. Jahrhundert fasziniert im Inneren besonders das Westfälische Abendmahl-Fenster über dem Nordportal, geschaffen um 1500 von einem unbekannten Künstler. Es zeigt Jesus beim Abendmahl mit seinen Jüngern – allerdings befinden sich hier nicht Wein und Brot, dafür aber die regionalen Köstlichkeiten Schinken, Bier und Pumpernickel auf dem Tisch.

Historisch: Kirchen und Stadttürme stehen bei Besuchen auf der Liste. Die Gotteshäuser bewahren Schätze wie hier den Altar in St. Maria zur Wiese.

Über Wiesenstraße und Hohe Gasse geht es weiter zu St. Maria zur Höhe (Hohnekirche). Sie entstand mit ihren prächtigen Decken- und Wandmalereien um 1220. Tipp: Das Gotteshaus birgt Deutschlands einziges Scheibenkreuz. Eher weltlich geht es am Osthofentor zu, einziges noch erhaltenes von ursprünglich zehn Stadttoren der mittelalterlichen Umwallung.

Es stammt aus den Jahren 1523 bis 1526 und beherbergt ein Museum zur Stadtgeschichte. Weltweit einmalig ist die Sammlung von 25.000 mittelalterlichen Armbrustbolzen. Direkt gegenüber beginnt die Wallmauer (um 1180), die mit einer Länge von einst 3,8 Kilometern 102 Hektar Altstadt umschloss. Heute sind noch zwei Drittel des Walls erhalten. Vom Ulrichertor aus ist der Kattenturm (1230) zu sehen, letzter erhaltener Wehrturm des ehemaligen inneren Stadtwalls. Tipp: Auf der Mauer und durch die Gräften, vor denen früher der Außenwall verlief, lohnt es sich zu spazieren und in Altstadtgärten zu blicken. Bei dem Rundgang ist bald das Burghofmuseum erreicht, ein Patrizier-Haus von 1559. Es birgt Ausstellungsstücke zur Kunst- und Stadtgeschichte. Hier ist eine Dauerausstellung mit Kupferstichen von Heinrich Aldegrever zu sehen.

Hinter dem Museum steht das Romanische Haus, eines der ältesten Wohnhäuser zwischen Rhein und Weser aus der Zeit um 1200. Die ehemalige Wohn- und Arbeitsstätte Hugo Kükelhaus erstreckt sich im Bergenthalpark mit seinem alten Baumbestand. Von 1954 bis 1984 lebte der Künstler und Philosoph in Soest und baute sich die einstige Fachwerkscheune am Eingang des Parks nach organlogischen Grundsätzen zu seinem „unbezahlbaren Haus“ um, wie er es nannte. Solch abwechslungsreicher Rundgang macht durstig. Was also liegt näher, als die einzige Brauerei in Soest zu besuchen? Im Brauhaus Zwiebel gibt es Bier, Schinken und Pumpernickel. Wer lieber in den eigenen vier Wänden entspannt, genießt einen kühlen Schluck am Stellplatz. Wo auch immer in Soest: Proest.

Infobox

Reisemobil-Stellplätze in Soest

Aus dem Bordatlas Deutschland 2023 von Reisemobil International:

  • City-Motel Soest, Altes Stellwerk 9, Tel.: 02921/3549052, www.citymotel-soest.de, 51°34‘31.02“N/8°6‘56.40“E. Am Rande der historischen Soester Altstadt, 0,3 km vom Stadtzentrum entfernt. 24 Stellplätze auf Rasengittersteinen. Strom, Wasser, Entsorgung (Chem/ Grau), WC, Dusche, WLAN, Hunde erlaubt. Leinenpflicht für Hunde. Anfahrt 8:00-22:00 Uhr. Ganzjährig geöffnet. 10 € inkl. Entsorgung, WC, Müll-Entsorgung, WLAN. Strom 0,50 €/kWh, Wasser 1 €/100 l, Dusche 2 €/9 min, Waschmaschine je 3 €.
  • Stellplatz am Aqua-Fun, Ardeyweg 35, Tel.: 02921/392700, www.aquaspa- fun.de, 51°34‘9.42“N/8°4‘42.82“E. Auf dem Parkplatz des Freizeit- und Wellnessbades, 2 km vom Stadtzentrum entfernt. 9 Stellplätze auf Pflaster. Strom, Wasser, Entsorgung (Chem/ Grau), WLAN, Hunde erlaubt. Ein-/Ausfahrt So-Do 9:00-21:00 Uhr, Fr-Sa und feiertags bis 22:00 Uhr mit Chip, erhältlich gegen 50 € Pfand an der Badkasse. Ganzjährig geöffnet. 15 €. Strom 1,40 €/2 kWh, Wasser 1,40 €/5 min, Entsorgung 1,40 €. 24 € inkl. Bad-Tageskarte, 39 € inkl. Sauna-Tageskarte.

 

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Redaktion
Claus-Georg Petri
Claus-Georg ist seit 1995 bei der Reisemobil International und ist Experte für Reisen und Hintergründe und alles Mögliche.
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