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Bürstner Lyseo Gallery: Das kann der Teilintegrierten-Alkoven

06.03.2024
Bild & Text: Simon Ribnitzky

Ein Teilintegrierter, der gleichzeitig ein Alkovenmobil ist: Funktioniert der spektakuläre Bürstner Lyseo Gallery in der Praxis? Wir haben es getestet.

Auf Knopfdruck beginnt der Kompressor, Luft in die Seitenwände des Alkovens zu pumpen. Langsam hebt sich das Dach über dem Fahrerhaus um rund 70 Zentimeter in die Höhe. Circa zwei Minuten dauert das Schauspiel, das garantiert auf jedem Stellplatz neugierige Blicke auf sich zieht. Der Bürstner Lyseo Gallery befindet sich nun im Wohn- bzw. Schlaf-Modus.

Rund drei Jahre ist es her, dass der badische Hersteller im Sommer 2021 das erste Showcar präsentierte. Jetzt endlich hat es das am Markt einzigartige Konzept zur Serienreife geschafft – und das Testfahrzeug den Weg zu Reisemobil International. Welchen Nutzen bringt der Aufblas-Alkoven beim Wohnkomfort und unterwegs auf der Straße? Das muss der Lyseo Gallery TD 689 G im Praxistest beweisen.

Bei diesem handelt es sich mit 6,90 Meter Länge um den etwas kürzeren der beiden Gallery-Grundrisse. Drehbare Fahrerhaussitze, L-Bank und Ein-Säulen-Tisch formieren sich im Bug zur Sitzgruppe. Daneben auf der Beifahrerseite schwingt sich die feste Treppe mit rund 50 Zentimeter breiten, bequemen Stufen zum Bett im Klapp-Alkoven empor.

An die Sitzgruppe schließt sich eine riesige Küche mit gegenüberliegendem Kompressor-Kühlschrank an. Im Heck folgt über die gesamte Breite das Bad mit separater Duschkabine und einem opulenten Kleider- und Wäscheschrank über der Heckgarage. Insgesamt ein sehr luftiger Grundriss mit viel Bewegungsfreiheit. Als Alternative bietet Bürstner den knapp sieben Meter langen TD 649 G mit Rundsitzgruppe im Heck an.

Bildergalerie

Beginnen wir den Wohn-Check direkt mit dem Alkoven. Tatsächlich bietet das Oberstübchen im Vergleich zu einem herkömmlichen Alkovenmobil einige Vorzüge. Da wäre zum einen die enorme Höhe von 110 Zentimetern über der Matratze. Aufrecht im Bett sitzen ist hier kein Problem. Das riesige Dachfenster gewährt Ausblick in den Sternenhimmel, zudem kann man es öffnen.

Über die feste Treppe gelingt der Auf- stieg zum Schlafgemach komfortabler als mit einer sonst üblichen Einhänge-Leiter, die zudem oft den Mittelgang blockiert. Die Matratze ist immerhin elf Zentimeter dick und per Abstandsgewirk unterlüftet.

Querbett mit Kompromissen

Allerdings: Es bleibt bei einem Querbett von rund zwei mal eineinhalb Metern. Das ist ausreichend für zwei Camper, doch muss der vorn Schlafende über den Partner steigen, wenn er das Bett verlassen will – was aufgrund der Höhe über der Matratze wiederum einfacher gelingt als in einem klassischen Alkoven.

Im Test sprang der Kompressor nachts manchmal an und pumpte lautstark Luft nach in die Seitenwände – mit diesem Geräusch sollten Urlauber also rechnen. In einer stürmischen Nacht erwiesen sich die luftgefüllten Seitenwände als gut isolierend und winddicht – kein Vergleich zu einem Aufstelldach mit Zeltstoff.

Mehr Gimmick als wirklich nutzbar ist der im Oberstübchen integrierte Schreibtisch. Hier sitzt man auf dem Bett und lässt die Beine über die Sitzgruppe baumeln – auf Dauer nicht wirklich bequem. Doch als Ablage für Kleidung oder Handy ist der Schreibtisch sehr willkommen. Am Kopfende des Bettes gibt’s zudem zwei USB-Steckdosen.

An der Sitzgruppe kommt die anvisierte Zweier-Crew komfortabel unter. Zu viert wird’s wegen der doch recht raumgreifenden Treppe auf der Beifahrerseite eng. Praktisch: Stauraum in den Treppenstu- fen und in einem Kleiderschrank vorn unter der Treppe.

Wirklich riesig: die Küche des Lyseo Gallery TD 689 G. Auf 138 Zentimeter Länge bietet die L-Küche großzügige Arbeitsflächen, noch ergänzt um den erhöhten Tresen zur Sitzgruppe hin und ein schwenkbares Brett über der Spüle. Geschirr und Vorräte finden in großzügig bemessenen Ober- und Unterschränken Platz. Die Unterschränke gestaltet Bürstner als praktische Auszüge, sodass man nicht tief in den Schrank hineingreifen muss, um an den Inhalt zu kommen.

Bad mit riesigem Kleiderschrank

Auch das Bad erreicht üppige Abmessungen. Es ist per Lamellenschiebetür zum Wohnraum hin abtrennbar. Toll: der riesige, mit Schubladen und Fächern unterteilte Kleiderschrank über der Garage.

Die separate Dusche auf der Fahrerseite kommt auf eine Grundfläche von 70 mal 66 Zentimetern. Da kein Radkastenpodest stört, steht der Camper sehr komfortabel unter der Brause.

Direkt über der Dusche verbaut Bürstner nur eine kleine, um wenige Zentimeter aufstellbare Dachluke. Ein großes, weit öffnendes Heki findet sich auf der anderen Seite des Bades über WC und Waschbecken. Das sollte zum Lüften ausreichen.

Was im Bad wie sonst im Fahrzeug fehlt, sind Haken für Handtücher oder Jacken. Lediglich an der Küche gibt es zwei recht tief angebrachte Aufhänger, zum Beispiel für Geschirrtücher.

Schön: Der Fußboden verläuft eben vom Fahrerhaus bis ins Heckbad. Das gelingt durch einen Funktionsdoppel- boden, der beheizbar ist und somit im Winter warme Füße beschert. Ein unter einem Bodendeckel zugängliches Fach ist immerhin elf Zentimeter hoch und bietet zum Beispiel Platz für Schuhe.

Virtueller Rundgang durch den Bürstner Lyseo Gallery TD 649 G mit Rundsitzgruppe im Heck

Kompaktes Fahrzeug, hohes Gewicht

Die opulenten Platzverhältnisse insbesondere in Küche und Bad zeigen: Hier spielt der Grundriss des Lyseo Gallery seine Vorteile aus, weil kein festes Bett im Wohnraum Platz einnimmt. Trotzdem bleibt das Fahrzeug mit 6,90 Meter Länge noch recht kompakt.

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Lyseo Gallery ein leichtes Wohnmobil ist. Im Gegenteil, die Dachkonstruktion wiegt offenbar schwer. Bürstner gibt eine Masse in fahrbereitem Zustand von 3.200 Kilogramm an und offeriert das Fahrzeug deshalb mit mindestens 3.850 Kilogramm zulässiger Gesamtmasse.

Das mit reichlich Extras bestückte Testfahrzeug bringt fahrbereit mehr als 3.300 Kilogramm auf die Waage und ist auf 4,4 Tonnen zulässige Gesamtmasse aufgelastet. Das bedeutet: Wer mit dem Gallery unterwegs sein will, benötigt den Führerschein der Klasse C1 oder den alten 3er-Führerschein.

Auf der Autobahn gilt ein Tempolimit von 100 km/h und Lkw-Überholverbote, zudem im Ausland teils aufwendigere Maut-Bedingungen. Der Vorteil, mit einem windschnittigeren Teilintegrierten statt mit einem Alkovenmobil unterwegs zu sein, hält sich somit in Grenzen – im Bereich bis Tempo 100 auch beim Verbrauch.

Zudem hat die spektakuläre Technik natürlich ihren Preis. Der Bürstner Lyseo Gallery TD 689 G kostet mindestens rund 95.000 Euro. Mit ein paar sinnvollen Extras wie dem Harmony Line Paket, großem Motor und Automatikgetriebe ist die 100.000-Euro-Marke rasch überschritten.

Dafür bekommt der Camper aber auch ein innovatives Fahrzeug und definitiv einen Hingucker auf jedem Stellplatz.

Redaktion
Simon Ribnitzky
Simon Ribnitzky ist seit August 2019 Teil des Teams der Reisemobil International und wurde 2022 Chefredakteur.
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